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Bistum Chur

Rahmenstatut für Pfarreiräte im Bistum Chur, 2006

RAHMENSTATUT FÜR PFARREIRÄTE
IM BISTUM CHUR

Vorbemerkung

Aufbauend auf dem Pfarreiprinzip der Katholischen Kirche spricht dieses Rahmenstatut generell vom Pfarrer. Das Entsprechende gilt jedoch auch für den Pfarradministrator, der vom Bischof für länger als ein Jahr oder unbefristet ernannt wird.
Wo einem Pfarrer eine Gemeindeleiterin oder ein Gemeindeleiter zugeordnet ist, werden Kompetenzen und Aufgaben bezüglich des Pfarreirates im Pflichtenheft geregelt (1).

 

1. Aufgabenstellung

1.1. Der Pfarreirat – auch Pastoralrat genannt – ist ein Organ, in welchem die Gläubigen zusammen mit denen, die kraft ihres Amtes an der Seelsorge Anteil haben, zur Förderung des Pfarreilebens und der kirchlichen Gemeinschaft (Communio) mithelfen.

1.2. Durch seine Beratungen und Tätigkeiten trägt der Pfarreirat dazu bei, vor Ort den Glauben der Kirche zu verbreiten und zu festigen, auf die Bedürfnisse und Anliegen der Pfarreimitglieder zu hören und zu antworten sowie ein Klima christlicher Hoffnung und Freude zu schaffen.

1.3. Empfehlungen und Vorschläge des Pfarreirates werden durch die Zustimmung des Pfarrers verbindlich.

1.4. Pfarreiräte sollen in einer allfälligen Pfarrwahlkommission vertreten sein.

 

2. Zusammensetzung

2.1. Der Pfarreirat setzt sich je nach den örtlichen Verhältnissen aus Mitgliedern von Amtes wegen, aus delegierten, gewählten und berufenen Mitgliedern zusammen.

2.2. Mitglied von Amtes wegen ist der Pfarrer. Er ist für die Bildung des Pfarreirates verantwortlich.
Mitglieder von Amtes wegen sind ebenso der Vikar, der Diakon, die Gemeindeleiterin oder der Gemeindeleiter, der Migrantenseelsorger, die Pastoralassistentin und der Pastoralassistent. Bei grossen Seelsorgeteams ist eine Delegation zu erwägen.
Katechetinnen und Katecheten oder Religionspädagoginnen und Religionspädagogen sollen angemessen vertreten sein.
Mitglied von Amtes wegen ist ebenso eine Delegierte oder ein Delegierter des Kirchgemeindevorstandes (Kirchenrat, Kirchenpflege[2]).

2.3. Delegierte Mitglieder sind Vertreterinnen und Vertreter bestimmter Gruppierungen wie Mütterverein, Kirchenchor, Jugendforum, Fremdsprachige.

2.4. Durch die gewählten Mitglieder soll der Pfarreirat eine Vertretung der Pfarrei nach Geschlecht, Alter, Beruf und weiteren Kriterien spiegeln und den örtlichen Verhältnissen gerecht werden.

2.5. Nicht berücksichtigte Gruppierungen aus der Pfarrei werden durch den Pfarrer nach Beratung mit dem Pfarreirat berufen.

2.6. Wo es die Umstände in kleineren Pfarreien nahe legen und es schwierig ist, einen Pfarreirat zu bilden, besteht die Möglichkeit, dass ein Mitglied des Kirchgemeindevorstandes das Ressort für Fragen der Seelsorge übernimmt.
Es kann auch der Kirchgemeindevorstand als solcher die Aufgabe eines Pfarreirates wahrnehmen. Doch ist in einem solchen Fall zwischen den Kompetenzen und Funktionen der zwei verschiedenen Organe gut zu unterscheiden.

 

3. Grösse des Pfarreirates

3.1. Für die Festlegung der Grösse eines Pfarreirates ist die Arbeitsfähigkeit zu berücksichtigen. Je grösser der Pfarreirat, umso eher drängt sich eine Gliederung des Rates in Arbeitsgruppen auf.

 

4. Mehrere Pfarreien und Seelsorgeräume

4.1. Trägt ein Pfarrer die Verantwortung für mehrere Pfarreien, kann er sich in den einzelnen Pfarreiräten durch einen Delegierten (Vikar, Diakon, Gemeinde-
leiterin oder Gemeindeleiter) vertreten lassen (3).

4.2. Wo Priester in solidum die Verantwortung für eine ganze Region mit mehreren Pfarreiräten tragen (vgl. CIC, 517 § 1), teilen sie unter sich die Präsenz in den einzelnen Räten auf.

4.3. Mehrere Pfarreien, die zu einem Seelsorgeraum zusammengeschlossen sind, können gemeinsam einen Pfarreirat bilden.

 

5. Gewinnung von Mitgliedern – Wahlen

5.1. Mögliche Kandidatinnen oder Kandidaten werden vom Pfarrer oder von dazu beauftragten Personen für die Wahl angefragt. Jedoch soll jede und jeder, der will, die Möglichkeit haben, sich zur Wahl zu stellen.

5.2. Die Wahl kann im Anschluss an die Sonntagsgottesdienste an der Urne oder anlässlich einer Pfarreiversammlung erfolgen.

5.3. Es besteht auch die Möglichkeit, dass der Pfarrer einen Aufruf zur Mitarbeit in einem zu bildenden Pfarreirat ergehen lässt. Dieser Rat ad experimentum könnte bei einer späteren Wahl bestätigt werden.

 

6. Beauftragung

6.1. Der Pfarrer gibt nach erfolgter Wahl den einzelnen Ratsmitgliedern den kirchlichen Auftrag. Dies kann in einer liturgischen Feier, z. B. innerhalb der Sonntagsmesse, geschehen.

 

7. Amtsdauer

7.1. Es empfiehlt sich, eine Amtsdauer festzulegen (drei oder vier Jahre). Wiederwahl ist möglich.

7.2. Beim Ausscheiden von Mitgliedern während der Amtsperiode nimmt der Pfarreirat selbst die Ergänzungswahl vor.

 

8. Organisation

8.1. Der Pfarrer steht dem Pfarreirat vor. Im Falle von Abwesenheit kann er den Vorsitz einem anderen Mitglied delegieren. Er kann auch die Geschäftsführung und Moderation des Pfarreirates auf Dauer einem vom Rat gewählten Mitglied übergeben. Im übrigen konstituiert der Rat sich selbst.

8.2. Der Vorsitzende bereitet, gegebenenfalls mit dem Pfarrer, die Traktandenliste vor, beruft den Rat ein und leitet die Zusammenkünfte.

8.3. Eine Aktuarin oder ein Aktuar führt das Protokoll der Sitzungen und erledigt die schriftlichen Arbeiten.

8.4. Für die verschiedenen Aufgaben werden nach Möglichkeit Ressortverantwortliche vorgesehen.

8.5. Bei grösseren Pfarreiräten ist ein Leitungsausschuss zu empfehlen. Er bereitet die Traktandenliste vor, erledigt dringende Fragen und Aufgaben selber und gibt im Pfarreirat Rechenschaft über seine Tätigkeit.

 

9. Statuten

9.1. Sofern das vorliegende Rahmenstatut nicht genügt, erarbeitet der Pfarreirat Statuten, die den örtlichen Gegebenheiten Rechnung tragen(4).

9.2. Die Statuten treten nach Annahme durch den Pfarrer und Genehmigung durch den Generalvikar in Kraft.

 

10. Zusammenkünfte

10.1. Damit der Pfarreirat seiner Aufgabe gerecht werden kann, sind wenigstens zwei Sitzungen im Jahr vorzusehen.

 

11. Arbeitsgruppen

11.1. Pfarreiräte mit vielen Mitgliedern teilen sich mit Vorteil in Gruppen auf, die für ein bestimmtes Ressort zuständig sind (z. B. Kinder- und Jugendarbeit, Kranken- und Altersbetreuung, Erwachsenenbildung, Liturgie, Diakonie, Öffentlichkeitsarbeit).

11.2. Zur Mitarbeit in Ressorts oder Gruppen können auch Personen eingeladen werden, die nicht dem Pfarreirat angehören.

11.3. Der Pfarreirat kann Aufträge auch an bereits bestehende Organisationen und Gremien delegieren.

11.4. Wenn es notwendig erscheint, wird der Pfarreirat Arbeitsgruppen ad hoc bilden, die sich nach getaner Arbeit wieder auflösen.

 

12. Spiritualität

12.1. Auf die Pflege der geistig-geistlichen Grundlagen, die jeden Dienst in der Pfarrei tragen, ist besonders Wert zu legen. Es empfiehlt sich, Sitzungen oder Tagungen mit einem Schriftwort oder einem Gebet zu beginnen und auch den Austausch persönlicher Glaubenserfahrungen zu pflegen.

12.2. Damit sich der Pfarreirat auch als Glaubensgemeinschaft erfährt, werden Besinnungstage sehr hilfreich sein.

12.3. Im Sinne einer kontinuierlichen Schulung der Pfarreiräte sollen die entsprechenden Angebote der Kantonalen Seelsorgeräte benützt werden.

 

13. Kommunikation mit der Pfarrei

13.1. Da der Pfarreirat im Dienst der Pfarrei steht, wird er über seine Arbeit immer wieder in geeigneter Form berichten (z. B. im Pfarrblatt, in der Lokalpresse, an Pfarreiversammlungen, im Internet). Wenn die Pfarreiangehörigen die Mitglieder des Pfarreirates kennen, werden sie leichter Anregungen und Wünsche an den Pfarreirat richten.

13.2. Pfarreiräte haben ganz allgemein eine Vorbildfunktion mit Bezug auf das Pfarreileben (z. B. Gottesdienstbesuch, Teilnahme an Pfarreianlässen, Glaubenszeugnis).

 

14. Finanzen – Anerkennung

14.1. Der Pfarreirat ist ein vornehmliches Beispiel für Freiwilligenarbeit, die zum Wesen der Kirche gehört. Doch sind die Spesen, die den Mitgliedern in Ausübung ihres Auftrages entstehen, diesen in jedem Fall zu vergüten.

14.2. Für die Auslagen des Pfarreirates ist mit dem Kirchgemeindevorstand ein Budget zu erstellen.

14.3. Die Freude an der Mitarbeit im Pfarreirat wird erhöht, wenn den Mitgliedern geeignete fachliche und persönliche Weiterbildung und auch gesellige Anlässe (z. B. Jahresessen, Ausflug) angeboten werden.

 

15. Konflikte

15.1. In Konfliktsituationen wird der Generalvikar vermitteln. Dabei kann er auch die Konsultation kompetenter Fachleute (Gemeindeberaterin oder Gemeindeberater) und anderer geeigneter Personen beanspruchen.

15.2. In schwierigen Situationen kann der Bischof den Rat sistieren oder auflösen.

 

16. Pfarrvakanz

16.1. Bei einer Pfarrvakanz arbeitet der Pfarreirat weiter, jedoch ohne wesentliche Veränderungen im Pfarreileben vorzunehmen.

16.2. Der neue Pfarrer wird den Pfarreirat zusammenrufen und sich über die bisherige Arbeit orientieren lassen.

16.3. Der neue Pfarrer kann den bestehenden Rat neu konstituieren. Gegebenenfalls soll aber auf seinen Wunsch, einen neuen Rat zu bilden, Rücksicht genommen werden.

 

17. Schlussbestimmungen

17.1. Dieses Rahmenstatut ersetzt frühere diesbezügliche Verlautbarungen des Bischofs von Chur. Die jeweiligen Pfarreiratsstatuten werden mit einer neuen Amtsperiode den neuen Rahmenbestimmungen angepasst und dem Generalvikar zur Genehmigung unterbreitet.

Chur, 15. März 2006

+ Amédée Grab
Bischof von Chur


Anmerkungen

(1) Vgl. die Normvorlage für das Pflichtenheft des Gemeindeleiters oder der
Gemeindeleiterin im Bistum Chur, 2000.

(2) Im folgenden Text wird nur der Begriff Kirchgemeindevorstand verwendet.

(3) Vgl. die Vorbemerkung.

(4) Vgl. die Vorbemerkung.


ANHANG

Grundlegende Texte zur Teilnahme der Laien
an der Heilssendung der Kirche und zur Communio

„Das Apostolat der Laien ist Teilnahme an der Heilssendung der Kirche selbst. Zu diesem Apostolat werden alle vom Herrn selbst durch Taufe und Firmung bestellt. Durch die Sakramente, vor allem durch die heilige Eucharistie, wird jene Liebe zu Gott und den Menschen mitgeteilt und genährt, die die Seele des ganzen Apostolats ist. Die Laien sind besonders dazu berufen, die Kirche an jenen Stellen und in jenen Verhältnissen anwesend und wirksam zu machen, wo die Kirche nur durch sie das Salz der Erde werden kann. So ist jeder Laien kraft der ihm geschenkten Gaben zugleich Zeuge und lebendiges Werkzeug der Sendung der Kirche selbst ’nach dem Mass der Gabe Christi'(Eph 4,7)“.
(Vaticanum II: Lumen gentium – Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 33)

„Die geweihten Hirten aber sollen die Würde und Verantwortung der Laien in der Kirche anerkennen und fördern. Sie sollen gern deren klugen Rat benutzen, ihnen vertrauensvoll Aufgaben im Dienst der Kirche übertragen und ihnen Freiheit und Raum im Handeln lassen, ihnen auch Mut machen, aus eigener Initiative Werke in Angriff zu nehmen. Mit väterlicher Liebe sollen sie Vorhaben, Eingaben und Wünsche, die die Laien vorlegen, aufmerksam in Christus in Erwägung ziehen. Die gerechte Freiheit, die allen im irdischen, bürgerlichen Bereich zusteht, sollen die Hirten sorgfältig anerkennen.
Aus diesem vertrauten Umgang zwischen Laien und Hirten kann man viel Gutes für die Kirche erwarten. In den Laien wird so der Sinn für eigene Verantwortung gestärkt, die Bereitwilligkeit gefördert. Die Kraft der Laien verbindet sich leichter mit dem Werk der Hirten. Sie können mit Hilfe der Erfahrung der Laien in geistlichen wie in weltlichen Dingen genauer und besser urteilen. So mag die ganze Kirche, durch alle Glieder gestärkt, ihre Sendung für das Leben der Welt wirksamer erfüllen.“
(Vaticanum II: Lumen gentium – Dogmatische Konstitution über die Kirche, Nr. 37)

„Die Pfarrei bietet ein augenscheinliches Beispiel für das gemeinschaftliche Apostolat; was immer sie in ihrem Raum an menschlichen Unterschiedlichkeiten vorfindet, schliesst sie zusammen und fügt es dem Ganzen der Kirche ein. Die Laien mögen sich daran gewöhnen, aufs engste mit ihren Priestern vereint in der Pfarrei zu arbeiten, die eigenen Probleme und die der Welt, sowie die Fragen, die das Heil der Menschen angehen, in die Gemeinschaft der Kirche einzubringen, um sie dann in gemeinsamer Beratung zu prüfen und zu lösen; endlich jede apostolische und missionarische Initiative der eigenen kirchlichen Familie nach Kräften zu unterstützen.“
(Vaticanum II: Apostolicam actuositatem – Dekret über das Laienapostolat, Nr. 10)

„In den Diözesen sollen nach Möglichkeit beratende Gremien eingerichtet werden, die die apostolische Tätigkeit der Kirche im Bereich der Evangelisierung und Heiligung, im caritativen und sozialen Bereich und in andern Bereichen bei entsprechender Zusammen-arbeit von Klerikern und Ordensleuten mit den Laien unterstützen. … Solche Gremien sollten, so weit wie möglich, auch auf pfarreilicher, zwischenpfarreilicher und interdiözesaner Ebene, aber auch im nationalen und internationalen Bereich geschaffen werden.“
(Vaticanum II: Apostolicam actuositatem – Dekret über das Laienapostolat, Nr. 26)


„Der Hinweis des Konzils auf die Überprüfung und Lösung der pastoralen Probleme »in gemeinsamer Beratung« muss einen adäquaten und artikulierten Niederschlag finden in einer entschiedenen, überzeugten und breit angelegten Aufwertung der Pfarrpastoralräte,
auf die die Synodenväter berechtigterweise insistiert haben. Unter den augenblicklichen Gegebenheiten können und müssen die Laien für das Wachsen einer wahren communio der Kirche innerhalb ihrer Pfarreien und für die Erweckung des missionarischen Elans gegenüber Nichtglaubenden und den Glaubenden, die die religiöse Praxis teilweise oder gänzlich aufgegeben haben, viel investieren. Wenn die Pfarrei Kirche mitten unter den Häusern der Menschen ist, muss ihre Präsenz und Wirksamkeit tief in der menschlichen Gesellschaft eingewurzelt und aufs engste mit ihren Hoffnungen und Nöten solidarisch sein. Oft ist das gesellschaftliche Umfeld, vor allem in bestimmten Ländern und Milieus, durch Auflösungstendenzen und Prozesse der Dehumanisierung gekennzeichnet: Der Mensch ist verloren und richtungslos, aber in seinem Herzen lebt der immer grössere Wunsch, geschwisterlichere und menschlichere Beziehungen zu erleben und zu pflegen. Die Antwort darauf kann die Pfarrei geben, wenn sie aufgrund der lebendigen Teilhabe der Laien ihrer ursprünglichen Berufung und Sendung treu bleibt: in der Welt »Ort« der Gemeinschaft der Glaubenden und zugleich »Zeichen« und »Werkzeug« der Berufung aller zur communio zu sein; mit einem Wort, das Haus, das für alle offen ist und im Dienst aller steht, oder wie Papst Johannes XXIII. es gerne sagte, der Brunnen im Dorf, an dem alle ihren Durst stillen.“
(Christifideles laici: Nachsynodales Apostolisches Schreiben von Johannes Paul II. vom 30. Dezember 1988; Nr. 27)

„Entsprechend ihrem Wissen, ihrer Zuständigkeit und ihrer hervorragenden Stellung haben sie (die Gläubigen) das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, ihre Meinung in dem, was das Wohl der Kirche angeht, den geistlichen Hirten mitzuteilen und sie unter Wahrung der Unversehrtheit des Glaubens und der Sitten und der Ehrfurcht gegenüber den Hirten und unter Beachtung des allgemeinen Nutzens und der Würde der Personen den übrigen Gläubigen kundzutun.“
(Codex Iuris Canonici – Kirchenrecht von 1983, Can. 212 § 3)

„In jeder Diözese ist, sofern die seelsorglichen Verhältnisse es anraten, ein Pastoral-rat zu bilden, dessen Aufgabe es ist, unter der Autorität des Bischofs all das, was sich auf das pastorale Wirken in der Diözese bezieht, zu untersuchen, zu beraten und hierzu praktische Folgerungen vorzuschlagen. (…)
Die Gläubigen, die für den Pastoralrat bestellt werden, sind so auszuwählen, dass sich in ihnen der ganze Teil des Gottesvolkes, der die Diözese ausmacht, wirklich widerspiegelt; dabei sind die verschiedenen Regionen der Diözese, die sozialen Verhältnisse und die Berufe sowie der Anteil, den die Mitglieder für sich oder mit anderen zusammen am Apostolat haben, zu berücksichtigen.“
(Codex Iuris Canonici – Kirchenrecht von 1983, Can. 511; 512 § 2)

„Wenn es dem Diözesanbischof nach Anhörung des Priesterrates zweckmässig scheint, ist in jeder Pfarrei ein Pastoralrat zu bilden, dem der Pfarrer vorsteht; in ihm sollen die Gläubigen zusammen mit denen, die kraft ihres Amtes an der pfarreilichen Seelsorge Anteil haben, zur Förderung der Seelsorgstätigkeit mithelfen.“
(Codex Iuris Canonici – Kirchenrecht von 1983, Can. 536 § 1)

„Die Kirche zum Haus und zur Schule der Gemeinschaft machen, darin liegt die grosse Herausforderung, die in dem beginnenden Jahrtausend vor uns steht, wenn wir dem Plan Gottes treu sein und auch den tiefgreifenden Erwartungen der Welt entsprechen wollen. Was bedeutet das konkret? Auch hier könnte die Rede sofort praktisch werden, doch es wäre falsch, einem solchen Anstoss nachzugeben. Vor der Planung konkreter Initiativen gilt es, eine Spiritualität der Gemeinschaft zu fördern, indem man sie überall dort als Erziehungsprinzip herausstellt, wo man den Menschen und Christen formt, wo man die geweihten Amtsträger, die Ordensleute und die Mitarbeiter in der Seelsorge ausbildet, wo man die Familien und Gemeinden aufbaut. Spiritualität der Gemeinschaft bedeutet vor allem, den Blick des Herzens auf das Geheimnis der Dreifaltigkeit zu lenken, das in uns wohnt und dessen Licht auch auf dem Angesicht der Brüder und Schwestern neben uns wahrgenommen werden muss. Spiritualität der Gemeinschaft bedeutet zudem die Fähigkeit, den Bruder und die Schwester im Glauben in der tiefen Einheit des mystischen Leibes zu erkennen, d.h. es geht um »einen, der zu mir gehört«, damit ich seine Freuden und seine Leiden teilen, seine Wünsche erahnen und mich seiner Bedürfnisse annehmen und ihm schliesslich echte, tiefe Freundschaft anbieten kann. Spiritualität der Gemeinschaft ist auch die Fähigkeit, vor allem das Positive im anderen zu sehen, um es als Gottesgeschenk anzunehmen und zu schätzen: nicht nur ein Geschenk für den anderen, der es direkt empfangen hat, sondern auch ein »Geschenk für mich«. Spiritualität der Gemeinschaft heisst schliesslich, dem Bruder »Platz machen« können, indem »einer des anderen Last trägt« (Gal 6,2) und den egoistischen Versuchungen widersteht, die uns dauernd bedrohen und Rivalität, Karrierismus, Misstrauen und Eifersüchteleien erzeugen. Machen wir uns keine Illusionen: Ohne diesen geistlichen Weg würden die äusseren Mittel der Gemeinschaft recht wenig nützen. Sie würden zu seelenlosen
Apparaten werden, eher Masken der Gemeinschaft als Möglichkeiten, dass diese sich aus-drücken und wachsen kann.
Die Räume der Gemeinschaft müssen im gesamten Leben jeder Kirche Tag für Tag auf allen Ebenen gepflegt und ausgeweitet werden. Hier muss die Gemeinschaft zum Strahlen kommen in den Beziehungen zwischen Bischöfen, Priestern und Diakonen, zwischen Hirten und dem ganzen Volk Gottes, zwischen Klerus und Ordensleuten, zwischen kirchlichen Vereinigungen und Bewegungen. Zu diesem Zweck muss man die vom Kirchenrecht zur Mitarbeit in der Teilkirche vorgesehenen Organe, wie die Priester- und Pastoralräte, immer besser zur Geltung bringen. Sie folgen zwar bekanntlich nicht den Kriterien der parlamen-tarischen Demokratie, weil ihre Arbeit Beratungs- und nicht Entscheidungscharakter hat; doch verlieren sie deshalb nicht an Bedeutung. Theologie und Spiritualität der Gemeinschaft bewirken nämlich ein wechselseitiges Zuhören zwischen Hirten und Gläubigen. Dadurch bleiben sie einerseits in allem, was wesentlich ist, a priori eins, und andererseits führt das Zuhören dazu, dass es auch in den diskutierbaren Fragen normalerweise zu ausgewogenen und gemeinsam vertretbaren Entscheidungen kommt.
Zu diesem Zweck müssen wir uns die alte pastorale Weisheit zu eigen machen, welche die Hirten, ohne jegliche Schmälerung ihrer Autorität, dazu ermutigte, das ganze Volk Gottes so weit wie möglich anzuhören. Bezeichnend ist, woran der heilige Benedikt den Abt des Klosters erinnert, wenn er ihn auffordert, auch die jüngsten Mitglieder zu befragen: »Der Herr offenbart oft einem Jüngeren, was das Bessere ist«. Und der heilige Paulinus von Nola mahnt: »Wir wollen an den Lippen aller Glaubenden hängen, weil in jedem Gläubigen der Geist Gottes weht«.
Wenn daher die Rechtsweisheit durch präzise Festlegung von Regeln für die Teil-nahme die hierarchische Struktur der Kirche herausstellt sowie Versuchungen zu Willkür und ungerechtfertigten Ansprüchen abwehrt, so verleiht die Spiritualität der Gemeinschaft dem institutionellen Tatbestand eine Seele und leitet zu Vertrauen und Öffnung an, die der Würde und Verantwortung eines jeden Gliedes des Gottesvolkes voll entspricht.“
(Novo Millennio Ineunte: Apostolisches Schreiben von Papst Johannes Paul II. an die Bischöfe, den Klerus, die Ordensleute und an die Gläubigen zum Abschluss des Grossen Jubiläums des Jahres 2000 vom 6. Januar 2001; Nr. 43 und 45).