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Bistum Chur

Predigt von Bischof Joseph Maria & Impressionen anlässlich der Missiofeier am 24. September 2022 in Dietikon

 

Liebe Mitbrüder
Liebe Seelsorgerinnen und Seelsorger
Liebe Schwestern und Brüder

In der Lesung und im Evangelium der heutigen Messfeier, genauso wie bei der Missiofeier selbst, stehen Berufung und Sendung im Vordergrund.  Denn, um Jesu Christi Heilssendung in der Welt fortzusetzen, braucht ER unsere Mithilfe; unsere tätigen Hände, unsere Stimme und unser kompromissloses Ja zu ihm und seiner Kirche. Er benötigt Botschafterinnen und Botschafter seiner Frohbotschaft. Die Jüngerinnen und Jünger Jesu wurden von ihm gerufen, gewählt und gesandt. Wir alle, Christinnen und Christen, werden von ihm ebenfalls gerufen, gesalbt und in die Welt gesandt. Die Missiofeier bringt zum Ausdruck, dass wir uns dessen bewusst und dazu bereit sind. Die Frage darf jedoch erlaubt zu sein: Entspricht diese Bereitschaft stets der Stossrichtung unseres Lebens? Sind wir tatsächlich dazu bereit?

Gott ist ständig auf der Suche nach Menschen, die bereit sind, seine bedingungslose Liebe weiterschenken. Er braucht dafür nicht Übermenschen, sondern jede und jeder, die und der gewillt ist, sich vom Feuer der barmherzigen Liebe berühren zu lassen.

Gott sucht und findet uns überall dort, wo wir sind und so wie wir sind. Es geht dabei nicht um Verdienste.  Er lädt aber uns ein, erwählt und beruft jede und jeden einzeln damit wir selbst Schenkende werden. Jesu Auftrag unmittelbar vor seiner Himmelfahrt ist unmissverständlich: «Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.» (Matthäus 28,19). Mit dem Beistand des Heiligen Geistes können und sollten wir die Sendung wagen und vollziehen. Ja wir wurden gesucht, gefunden, gewählt, gesalbt und gesandt.

Es geht nicht um elitäres Denken. Gott sucht, liebt und sendet alle Menschen aus. Er will, dass alle gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Er erwartet von uns, dass wir alle Kirche, Sendung, Sakralboden des Heils werden. Es besteht jedoch eine konkrete, spezifische Übertragung dieser Sendung.

Wenn wir die Tragweite des Auftrags betrachten, könnten wir uns unter Umständen überfordert fühlen. Gerade die Berufung des Apostels Matthäus zeigt uns aber deutlich auf, dass uns zu überfordern das Letzte ist, was unser Herr und Erlöser vorhat.

Es geht um Nachfolge: Aber wer folgt wem nach? Jesus lädt Matthäus ein ihm nachzufolgen, was dieser sogleich tut, indem er alles aufgibt und ihm folgt. Schliesslich finden wir Jesus aber im Haus des Matthäus. Nicht Matthäus ging zu Jesus, übernahm die Lebensumstände des Herrn, sondern es ist der Herr, der zu Matthäus geht und sich an die Umgebung des Matthäus anpasst, sich mit den Zöllnern und Sündern, welche den Alltag des Matthäus ausmachten, identifiziert. Hier wird klar: Nachfolge strebt Gemeinschaft an und konkretisiert sich im Mahl. Dabei lebt uns Jesus vor, dass diese Gemeinschaft nicht eine von Vollkommenen sein muss, sondern von allen Menschen guten Willens (vgl. Matthäus 9,9-12).

Liebe Seelsorgerinnen und Seelsorger, das Handeln des Herrn sollte stets die Quelle unserer Zuversicht sein, aber auch Ansporn, um in unserem seelsorgerlichen Wirken immer wieder neuen Anlauf zu nehmen. Jesus folgt uns. Er geht dorthin, wo wir hingehen, er begegnet und heilt all jene Menschen, denen wir begegnen und zu heilen wünschen.

Das Thema der Sakramentalität in der Kirche – die spezifische heilende und sendende Berührung – ist sehr aktuell und grundlegend, besonders für euch acht heute, die ihr bereit seid, mit einem kirchlichen Auftrag, mit der kirchlichen Sendung, mit einer spezifischen Segnung, mit einer Missio zu wirken.

Seelsorgerinnen und Seelsorger sind Christinnen und Christen mit Missio canonica: Gesandte der Kirche Christi. Missionarinnen und Missionare des Herrn: Menschen, die die Welt von seiner Barmherzigkeit überzeugen möchten. Das kann gut gelingen, wenn wir selber zu wirksamen Zeichen seiner Barmherzigkeit werden.

Die Sakramentalität hat sehr viel mit der Absicht Gottes, für uns Menschen sichtbar zu werden, zu tun. Gott ist zwar immer am Werk: seit dem ersten Tag der Schöpfung. Er ist uns seit der Erschaffung der Menschen nahe, begleitend und liebend. Gott braucht – könnte man pointiert sagen – weder Gesandte, noch Geweihte, noch wirksame und sichtbare Zeichen der Gnade.

Er will aber der sichtbare Gott für uns Menschen sein und dafür setzt er seit Anbeginn der Zeiten Zeichen und Werkzeuge, Zeugen und Gesandte ein. Er weiss, dass wir Menschen uns nach seiner Nähe sehnen, welche wir durchaus auch durch unsere Sinne wahrzunehmen vermögen. Die Menschwerdung Gottes zeigt uns in aller Deutlichkeit, dass Gott der grosse Anwesende und der Nahbare ist. Er kommt für uns Menschen und für unser Heil in aller Niedrigkeit in die Welt. Unser Heiland stellt durch seine Menschwerdung die definitiv sichtbare Nähe Gottes zu uns Menschen dar. Jesus ist wahrer Mensch und wahrer Gott, der berührt und sich berühren lässt; der sagt: da ist mein Leib für dich, empfange mich! Auch damals hätte Gott ohne Christus handeln können, und doch die Gegenwart Christi entsprach ganz der Sehnsucht des menschlichen Empfindens: Gott begegnen von Mensch zu Mensch.

Einerseits muss man entschieden bekennen, dass Gott für sein Wirken keine Werkzeuge, keine Vermittelnde unbedingt bräuchte, alle Gläubigen sind aufgrund der Taufe berufene, gesalbte und gesandte Kinder des göttlichen Vaters. Es bräuchte keine Sakramente, denn alles ist irgendwie Zeichen und Wirken Gottes. Jeder Mensch ist eine Ikone Gottes.

Andererseits hat Christus aber Einzelne gerufen und gesandt. Die Apostel haben sein sichtbares Wirken fortgesetzt. Die kirchliche Sendung hat diesen Sinn: Sichtbare Verkünderinnen und Verkünder der Barmherzigkeit Gottes zu sein: Nähe und Zärtlichkeit zu verkörpern, wie Papst Franziskus oft sagt. Alle sind gesandt, aber jede und jeder mit einer spezifischen Sendung.

Die Kirche mit ihrer sakramentalen Wesensstruktur ist nicht eine Erfindung der Menschen, sondern entspricht dem Willen Gottes. Die sakramentale Identität der Kirche darf und muss sich in ihrer Lebendigkeit weiterentwickeln, aber immer geleitet vom Hl. Geist, in Einheit mit der ganzen Weltkirche, treu zu allen Generationen der Christinnen und Christen, die das Vermächtnis Christi ungeschmälert uns weitergegeben haben.

Ich wünsche euch und uns allen, dass die Freude an der Berufung Gesandte Christi und seiner Kirche zu sein, stets grösser sein möge als kirchenpolitische oder ideologische Unstimmigkeiten. Wenn Menschen durch uns die Liebe Gottes entdecken und erfahren, darf uns das gemeinhin erfüllen und beglücken. Belastendes und Frustrierendes wird es im Pfarreialltag sicherlich auch geben, doch lasst bitte nicht zu, dass dies euch die Freude an der Seelsorge nimmt oder eures inneren Friedens beraubt.

Die Welt, die Kirche und das Bistum brauchen dringend Frauen und Männer, die dem Ruf Christi antworten und ihm treu nachfolgen, um als Seelsorgerinnen und Seelsorger alle Menschen zu seinen Jüngern zu machen. Für eure Bereitschaft dazu danke ich euch von Herzen. Amen.

 

Bischof Joseph Maria hat folgende Frauen und Männer in den Dienst der Seelsorge gesendet:

  • Monica Cusinato, St. Josef, Schlieren
  • Astrid Elsener, St. Jakob d. Ältere, Ennetmoos
  • Andris ]aksis, St. Nikolaus, Hergiswil NW
  • Andreas Kunz, St. Felix und Regula, ZH
  • Tatjana Erb, St. Mauritius, Engstringen
  • Oliver Sittel, St. Benignus, Pfäffikon ZH
  • Beat Wiederkehr, St. Maria, Wädenswil
  • Theresa-Maria Zenker, St. Agatha und St. Josef, Dietikon

 

Impressionen, Nicole Büchel