Nach der Amtszeitverlängerung durch Papst Franziskus hat der Bischof von Chur öffentlich Themenschwerpunkte für die Bistumsleitung in den kommenden zwei Jahren angekündigt. In einem Brief an alle Mitarbeitenden werden vier genannt:
- Die Erarbeitung von diözesanen Standards für die Ehevorbereitung. Dies entspricht dem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben “Amoris Laetitia” von Papst Franziskus. Der Bischof möchte bis 2019 verbindliche Standards.
- Die Frage der Bistumseinteilung. Der Bischof möchte weiter abklären lassen, ob es in Zukunft ein Bistum Zürich geben soll.
- Der seelsorgerliche Umgang mit der „Gender-Ideologie“. Der Bischof möchte von den kantonalen Seelsorgeräten Vorschläge auf der Basis der Aussagen von Papst Franziskus. Dieser hat in seinem Schreiben „Amoris laetitia“ (Nr. 56) Gender als „Ideologie“ bezeichnet und erklärt: „Gender leugnet den Unterschied und die natürliche Aufeinander-Verwiesenheit von Mann und Frau. Gender (…) höhlt die anthropologische Grundlage der Familie aus, fördert Erziehungspläne und eine Ausrichtung der Gesetzgebung, die eine persönliche Identität und affektive Intimität fördern, die von der biologischen Verschiedenheit zwischen Mann und Frau radikal abgekoppelt sind“. In einer Ansprache an die polnischen Bischöfe im Jahr 2016 hat Papst Franziskus Gender ferner als „ideologischen Kolonialismus“ bezeichnet. In Georgien bezeichnete der Papst 2016 die Gender-Theorien als „grossen Feind der Ehe“ und sagte: „Es gibt heute einen weltweiten Krieg, um die Ehe zu zerstören. Heute gibt es ideologische Kolonialismen, die zerstörerisch sind: Man zerstört nicht mit Waffen, sondern mit Ideen. Darum muss man sich gegen die ideologischen Kolonialismen verteidigen“. Der Bischof von Chur wendet sich damit zusammen mit dem Papst gegen eine zum Teil auch von Kirchenvertretern betriebene Verharmlosung dieser mit dem christlichen Menschenbild im Widerspruch stehenden Ideologie.
- Missbrauch der Kirche für politische Anliegen: Der Bischof wünscht ein Massnahmenpaket zur Aufklärung, nachdem viele Gläubige in den letzten Jahren ihren Austritt aus den staatskirchenrechtlichen Körperschaften erklärt oder sich ganz von der Kirche abgewandt haben, weil die Kirche von einigen Repräsentanten für (partei-) politische Stellungnahmen missbraucht wurde. Demgegenüber gilt es auf der Grundlage des 2. Vatikanischen Konzils aufzuzeigen, dass Gläubige guten Gewissens und mit vernünftigen Argumenten verschiedene politische Optionen wählen können, wenn es darum geht, wie wir in der Schweiz aktuelle Fragen zu Gerechtigkeit, Ökologie oder Ökonomie beantworten wollen.
Brief des Bischofs mit ausführlicher Darstellung der vier Schwerpunkte
Chur, 23. Mai 2017
Giuseppe Gracia
Beauftragter für Medien und Kommunikation
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