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Bistum Chur

Predigt zur Erwachsenentaufe & -firmung mit Konversionen

Bischof Joseph Maria tauft und firmt 20 Erwachsene
Kathedrale Chur, 26. März 2022

 

Liebe Schwestern und Brüder

Für Sie alle, die Sie heute getauft, in die katholische Kirche aufgenommen und gefirmt werden, ist es ein grosser Tag und wir alle schliessen uns Ihrer Freude an. Es ist für uns alle ein grosser Tag.

Wir haben im Evangelium gehört, wie zwei Menschen mit sehr verschiedenen Einstellungen in den Tempel zum Beten gingen. Hier möchte ich zuerst sagen, dass die Absicht, die Bereitschaft zu beten sehr gut ist. Wir alle brauchen einen regelmässigen häufigen Austausch, Dialog mit Gott. Das ist das Gebet. Es geht darum, einen vertrauten Umgang mit Gott zu haben, zu pflegen. Nehmen Sie sich heute als Vorsatz: Betende zu sein.

Es heisst, dass die beiden in den Tempel gingen, um zu beten. Es ist bestimmt gut, häufig in die Kirche zu gehen und dort zu beten. Wenn wir aber nur beten würden, wenn wir in der Kirche sind, würden wir bestimmt zu wenig beten. Der Ort ist nicht so ausschlaggebend für das Gebet, für eine echte Verbindung mit Gott, sondern die persönliche Haltung. Wir können und sollten überall beten. Jeder Ort ist ein guter Ort, um sich mit Gott zu verbinden. Nicht nur mit Worten beten wir, sondern unser Tun, unser Leben, unsere Freude, unsere Schmerzen, unsere Arbeit, der Umgang mit den Mitmenschen, alles sollte Gebet sein, das heisst: uns mit Gott verbinden. In einem Wort zusammengefasst: wir sollten mit dem Leben beten.

Wir haben gehört, wie einer von den beiden – der Pharisäer – Gott dankte für all seine guten Qualitäten, für alles, was er leistete und er verglich sich abschätzig mit anderen Menschen, die für ihn sozusagen minderwertig waren. Das war kein gutes Gebet. Es ist bestimmt grossartig, Gott ist sehr zufrieden, dass Sie heute sich taufen lassen, Glieder der katholischen Kirche sein möchten und die Firmung empfangen. Dies aber soll Sie nicht dazu verleiten, sich als bessere Menschen zu betrachten, besser als Menschen, die noch nicht so weit gekommen sind: Verwandte, Freunde, Freundinnen, Kollegen. Wenn der Glaube uns etwas lehrt, ist es das, dass wir nicht über die Mitmenschen urteilen dürfen. Im heutigen Evangelium spornt uns Jesus an, bescheiden und demütig zu sein. Wir sollten über die Mitmenschen nicht urteilen, sondern in jedem Menschen das Gute entdecken. Wir sind als Gläubige dazu berufen, jeden Menschen als äusserst kostbar zu betrachten.

Ich möchte noch bei der Lesung aus dem Buch des Propheten Hosea verweilen. Dort wird unterstrichen, dass der Herr Wunden heilt und verbindet. Ja, der Herr ist der Heiland der Welt. Ich spreche sehr gerne von einer therapeutischen Kirche. Wir alle Gläubige, als Kirche und in der Kirche, sollten uns, wie Jesus, um die Mitmenschen kümmern: helfen, trösten, unterstützen, begleiten, mittragen, Verständnis haben. In wenigen Tagen werden wir die Karwoche feiern, in der wir mit besonderer Intensität betrachten, wie Jesus Christus in der Liebe so weit gegangen ist, dass er selber krank wurde, ja sich kreuzigen liess, um all unsere Schmerzen und Wunden zu heilen. Die Nachfolge Christi bedeutet dies: bereit sein, unser Leben für das Leben der Mitmenschen einzusetzen, sonst bleibt unser Christsein eine Theorie. Der Prophet sagte: «Er kommt zu uns wie der Regen, wie der Frühjahrsregen, der die Erde tränkt.» Die Liebe Gottes macht alles fruchtbar, heilt, erneuert, segnet. Im Herrn Geliebte, wir sind dazu berufen, in der Welt wie dieser fruchtbringende Regen zu sein. Dort, wo wir sind, wo wir leben, wo wir uns befinden, sollten wir uns für das Leben der Mitmenschen einsetzen, damit das Leben der anderen gelingen kann. Von unserem Verhalten hängt die Glaubwürdigkeit Gottes ab. Im Heute und Hier kann Gott nur die Welt weiterhin heilsam fruchtbar machen, wenn wir Christen uns für die Menschen und für die Welt grosszügig einsetzen.

Der Prophet Hosea sagte weiter noch: «Eure Liebe ist wie eine Wolke am Morgen und wie der Tau, der bald vergeht.» Dieser Vorwurf sollte nicht für uns gelten. Ich nehme an, dass Sie, die getauft, gefirmt und in die katholische Kirche aufgenommen werden, heute sehr entschlossen und begeistert sind, aber diese Entschlossenheit darf nicht kurzlebig sein. Es geht nicht um Begeisterung, sondern um Treue und Ausdauer. Darf ich Sie um etwas bitten? Jeden Morgen, wenn Sie aufstehen, ja bis Ende Ihres Lebens, sagen Sie Gott bewusst: ja, da bin ich, mit mir kannst du rechnen. Es geht eben darum, dass wir täglich unsere Bereitschaft, uns als Christen für das Gute, für den Frieden, für die Freude und das Glück der anderen einzusetzen, erneuern. Nur so ist unsere Liebe wirklich echt: «Liebe will ich, nicht Schlachtopfer, Gotteserkenntnis, statt Brandopfer.»

Eine so treue Glaubenshaltung ist nicht selbstverständlich und können wir nicht aus eigener Kraft aufrechterhalten. Wir brauchen Hilfe. So kommen wir zurück zum Anfang meiner Predigtworte. Das Gespräch per Du mit Gott, das Gebet ist die Nahrung für die Treue in der Nachfolge Christi. Und zusammen mit dem Gebet der häufige Empfang der Sakramente: die Eucharistie, das Sakrament der Versöhnung, die Beichte, wo wir uns von unserem Egoismus reinigen lassen. Und denken wir: Maria, die Mutter Jesu, war treu bis zum Schluss. Sie stand mutig – ein Herz und eine Seele – beim Kreuze Jesu, vereint mit ihm und mit seiner Hingabe. Wenn wir Maria als unsere Weggefährtin auswählen, wird sie uns mütterlich auf dem Weg begleiten und wir werden ein Segen für die Welt sein und das Ziel des Lebens erreichen können. Amen