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Bistum Chur

Predigt von Bischof Vitus Huonder anlässlich der Priesterweihe vom 6. April 2019 in Schwyz

Brüder und Schwestern im Herrn

Lies doch nach: Der Prophet kommt nicht aus Galiläa (Joh 7,52). Die Pharisäer haben mit ihrem Urteil über Jesus Recht. Der Prophet kommt nicht aus Galiläa. Der erwartete Prophet, der Bote des Heils, kommt nicht wie Jesus aus Galiläa. So argumentieren die Pharisäer im heutigen Evangelium.

Was die Pharisäer allerdings nicht beantworten können, ist die Frage: Woher kommt er dann? Durch den Evangelisten Johannes kennen wir die Antwort: Der Bote des Heils kommt vom Himmel. Sagt Jesus doch selber: Niemand ist in den Himmel hinaufgestiegen außer dem, der vom Himmel herabgestiegen ist: der Menschensohn (Joh 3,13). Dies ist unser fester Glaube: Jesus Christus ist Gottes Sohn und kommt vom Himmel. Er kommt von Gott, dem Vater, in diese Welt, wird Mensch in Schoße der Jungfrau Maria und erleidet, nach einem kurzen öffentlichen Leben, den Kreuzestod. Er wird, wenn wir uns auf die Lesung beziehen, wie ein zutrauliches Lamm zum Schlachten geführt (Jer 11,19). Auf diese Weise wird er der Erlöser der ganzen Menschheit. Sein Tod ist für uns Leben, sein Leiden und Sterben ist für uns Sühne und Vergebung aller Sünden. Deshalb nennt ihn der Brief an die Hebräer: Hoherpriester der künftigen Güter (Hebr 9,11). Und weiter lesen wir: … so wurde Christus … geopfert, um die Sünden vieler hinwegzunehmen (Hebr 9,28). Jesus erfüllt einen priesterlichen Dienst. Er ist der Priester. Priestersein heißt, vor Gott für die Menschen durch ein Opfer Sühne und Vergebung zu erwirken. Dieses Opfer hat Jesus am Kreuz dargebracht.

Jesus selber weist im Abendmahlssaal auf dieses Opfer hin, da er aus dem jüdischen Mahl das Gedächtnis seines Opfers, seines Leidens und Sterbens, hervorgehen lässt: das Opfer seines hingegebenen Leibes und seines vergossenen Blutes. Mit dem Vollzug dieses Opfers beauftragt er jene, die er erwählt hat: seine Jünger, seine Apostel. Auf diese Weise wird die Abendmahlsfeier gleichzeitig zur Feier der ersten Priesterweihe. Was wir heute erleben, das hat seinen Anfang im Abendmahlssaal, und das Weihegebet unseres Herrn lautet: Tut dies, so oft ihr es tut, zu meinem Gedächtnis (vgl. 1 Kor 11,24).

So erkennen wir den Sinn des Priestertums, des sakramentalen Priestertums, des sechsten Sakraments. Das Sakrament der Priesterweihe ist uns vom Herrn geschenkt, damit sein Erlösungswerk durch alle Zeiten wirksam bleibt; damit uns das Opfer des Kreuzes ständig begleitet, schützt und in der Gnade aufbaut. So wird das Opfer des Kreuzes und seine Vergegenwärtigung zur Mitte des Sakraments der Priesterweihe. Deshalb sagt der heilige Thomas von Aquin (✝1274), es sei das eigentümliche Amt der Priester, dieses Sakrament zu vollziehen (STh III 82 A 1 R). Es ist das eigentümliche Amt der Priester, das heilige Messopfer zu feiern. Das den Priestern eigene Amt! Das heißt – profan ausgedrückt: Es ist das Kerngeschäft der Priester. Ich betone dies deshalb, weil heutzutage eben dieser Auftrag des Priesters stark vernachlässigt wird, selbst bei der Eucharistiefeier. Denn oft ist sie nur noch ein Anhängsel einer sehr wortreichen Selbstzelebration der Gottesdienstgemeinde oder einiger ihrer Glieder.

Der Priester ist Bote des Glaubens (praedicator). Er ist Hirte der Seelen (pastor). Das ist richtig. Doch er ist vor allem Priester des Herrn (sacerdos Christi), um in Vereinigung mit dem Hohenpriester Jesus Christus das Opfer darzubringen. In diesem Sinn betont das Dekret über Dienst und Leben der Priester Presbyterorum Ordinis des Zweiten Vatikanums: Im Mysterium des eucharistischen Opfers, dessen Darbringung die vornehmliche Aufgabe des Priesters ist, wird beständig das Werk unserer Erlösung vollzogen; darum wird seine tägliche Feier dringend empfohlen; sie ist auch dann, wenn keine Gläubigen dabei sein können, ein Akt Christi und der Kirche (13).

Ich danke Euch, liebe Weihekandidaten, dass Ihr heute diesen priesterlichen Auftrag der Kirche und für die Kirche übernehmt und euch durch ein heiliges Leben in den Dienst des Herrn stellt. Ich danke Euch, dass Ihr diesen Schritt in einer Zeit macht, da der Priester in mancher Hinsicht angefochten und gebrandmarkt wird. Im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Christus vivit vom 25. März 2019 spricht der Heilige Vater die jungen Menschen im Hinblick auf das Thema des Missbrauchs mit folgenden Worten an: Gott sei Dank sind die Priester, die in diese schrecklichen Verbrechen verstrickt sind, nicht die Mehrheit. Die meisten leisten einen treuen und großherzigen Dienst. Ich bitte die Jugendlichen, sich von dieser Mehrheit anregen zu lassen. Leistet auch Ihr nun, so bitte ich Euch, liebe Weihekandidaten, einen treuen und großherzigen Dienst als Künder des Glaubens, als Hirten der Seelen und insbesondere als Priester Jesu Christi.

Nach den eben zitierten Worten spricht der Papst den einzelnen Jugendlichen persönlich an: Wenn immer du einen Priester siehst, der gefährdet ist, weil er die Freude an seinem Dienst verloren hat, weil er nach affektiver Kompensation sucht oder vom Kurs abkommt, dann traut euch, ihn an seine Verpflichtung gegenüber Gott und seinem Volk zu erinnern … und ihn zu ermutigen, auf dem rechten Weg zu bleiben (100).

Ich gebe Euch, liebe Weihekandidaten, diese Worte mit auf den Weg. Was der Heilige Vater hier den jungen Menschen sagt, soll Euch begleiten, damit Ihr euch immer Rechenschaft gebt, was Euer Leben für die Menschen bedeutet, was es bedeutet, wenn Ihr vom Kurs abkommt, was es bedeutet, wenn Ihr auf Kurs bleibt: Wenn Ihr auf Kurs bleibt, werdet Ihr viele Menschen für den Herrn, für das Himmelreich, gewinnen und für sie ein Zeichen der Hoffnung und der Liebe Gottes sein.

Ich gebe diese Worte aber auch Euch mit, liebe Brüder und Schwestern, die Ihr euch zu dieser Feier versammelt habt. Ich gebe sie Euch mit, damit Ihr euch bewusst bleibt, dass wir nicht nur um Priester beten sollen, nach Priestern fragen sollen, sondern dass wir sie, die Priester, die wir haben, bei ihrer nicht einfachen Aufgabe unterstützen, ermutigen, wenn notwendig, ermahnen und ihnen eben helfen sollen, auf Kurs zu bleiben. Amen.