Pfingsten - Heiliger Geist atme in uns

Pfingsten, eines der Hochfeste im katholischen Kirchenjahr, hat wiederum mit dem Heiligen Geist zu tun. Für viele Christen bleibt das Verhältnis zum Heiligen Geist allerdings abstrakt. Pfingsten ist in gewisser Hinsicht das internationale und multikulturelle Kirchenfest. Im zweiten Kapitel der biblischen Apostelgeschichte steht: "Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie (die Jünger) waren. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab."
Pfingsten ist das Wunder des Grenzen überschreitenden Verstehens, quasi die Anti-Geschichte zum Turmbau zu Babel, als Gott den Menschen der Bibel zufolge als Strafe für ihren Hochmut verschiedene Sprachen gab. Dieser Heilige Geist, der auf die Jünger herabkam, schuf die Einheit der Gläubigen und hob die Kirche aus der Taufe.
Von diesem Moment an verstand sich die Schar der Jünger als Gottesvolk. Der Geist schuf eine lebendige Beziehung zu Jesus. Er wurde sozusagen zum Link zwischen Gott, seinem Sohn und der Erde, der Kirche, um Person, Wort und Werk Jesu Christi in der Geschichte lebendig zu halten, wie es nach kirchlicher Lehre heisst.
Gott ist die Antwort auf die Sinnsuche unseres Lebens
Pfingsten ist für viele auch Sinnsuche, Orientierung. Papst Leo erinnerte in seiner Katechese am Mittwoch daran, dass uns Gott immer mit offenen Armen erwartet und es nie zu spät ist, auf seinen Ruf zu antworten. Junge Menschen, die den Sinn ihres Lebens noch nicht gefunden haben, forderte der Papst auf, ihn beim Herrn zu suchen, der sie „nicht enttäuschen wird.“
In der dritten Generalaudienz mit Papst Leo zum Thema „Jesus, unsere Hoffnung“ ging es um das Gleichnis vom Gutsbesitzer, der bis zum Ende des Tages Arbeiter für seinen Weinberg sucht (Matthäus 20, 1-16). Ein Gleichnis, das uns zeigt, dass kein Mensch bedeutungslos ist, und keine Lebensphase zu spät, um auf den Ruf Gottes zu antworten.
„Manchmal haben wir nämlich den Eindruck, keinen Sinn in unserem Leben zu finden: Wir fühlen uns nutzlos, unfähig, genau wie die Arbeiter, die auf dem Marktplatz darauf warten, dass ihnen jemand Arbeit gibt. Aber manchmal vergeht die Zeit, das Leben geht an uns vorbei, und wir fühlen uns nicht wahrgenommen, nicht geschätzt. Vielleicht sind wir zu spät gekommen, andere waren vor uns da, oder Sorgen haben uns anderswo aufgehalten,“ sagte der Papst.
In unserer schnelllebigen Welt, die von Leistungsdruck und Konkurrenz geprägt ist, könne es leicht passieren, dass man sich nicht anerkannt fühlt. Der Marktplatz, auf dem die Arbeiter auf eine Anstellung warten, bringt das zentrale Lebensgefühl vieler Menschen auf den Punkt: das Warten, das Hoffen, das Gefühl, übersehen zu werden. Und hier komme die beeindruckende Gestalt des Gutsbesitzers ins Spiel, „der um jeden Preis das Leben eines jeden von uns wertschätzen möchte“, und auch kurz vor Ende des Arbeitstags noch einmal losgeht, um Arbeiter anzuwerben, führte der Papst weiter aus.
„Die Arbeiter, die auf dem Marktplatz zurückgeblieben waren, hatten wahrscheinlich schon jede Hoffnung verloren. Der Tag schien verloren. Doch da war jemand, der noch an sie glaubte. Was für einen Sinn hat es, Arbeiter nur für die letzte Stunde des Arbeitstages einzustellen? Was für einen Sinn hat es, nur eine Stunde lang zu arbeiten? Und doch, auch wenn es scheint, als könnten wir im Leben nur wenig bewirken – es lohnt sich immer! Es gibt immer eine Möglichkeit, einen Sinn zu finden, denn Gott liebt unser Leben.“
Für Gott ist gerecht, dass jeder hat, was er zum Leben braucht
Am Ende nimmt das Gleichnis eine unerwartete Wendung: Alle Arbeiter, egal wann sie begonnen haben, erhalten den gleichen Lohn – einen Denar. Die Arbeiter der ersten Stunde fühlen sich betrogen. Doch Jesus lasse den Gutsbesitzer antworten: „Was ist gerecht? Für den Weinbergbesitzer, also für Gott, ist es gerecht, dass jeder hat, was er zum Leben braucht,“ so Papst Leo.
„Die Erzählung sagt uns, dass die Arbeiter der ersten Stunde enttäuscht sind: Sie können die Schönheit der Geste ihres Herrn nicht erkennen, der nicht ungerecht, sondern einfach grosszügig war, und nicht nur auf die Verdienste, sondern auch auf die Bedürfnisse geachtet hat. Gott möchte allen sein Reich schenken, also ein erfülltes, ewiges und glückliches Leben. Und so handelt Jesus auch mit uns: bei ihm gibt es keine Rangordnung; allen, die ihm ihr Herz öffnen, schenkt er sich selbst ganz und gar.“
Nicht Verdienst, sondern Barmherzigkeit
Es ginge also nicht um Verdienst, sondern um Barmherzigkeit. Nicht um Gleichmacherei, sondern um Fürsorge und Liebe. Die jungen Menschen, die sich heute oft schwertun, einen Sinn in ihrem Leben zu sehen, erinnerte der Papst daran, dass nur Gott die Antwort ist.
„Zögert nicht, krempelt die Ärmel hoch, denn der Herr ist grosszügig, und er wird euch nicht enttäuschen! Wenn ihr in seinem Weinberg arbeitet, werdet ihr eine Antwort auf jene tiefgehende Frage finden, die ihr in euch tragt: Was ist der Sinn meines Lebens?“
Abschliessend richtete das Kirchenoberhaupt noch folgenden Appell an seine Zuhörer:
„Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns nicht mutlos werden! Bitten wir den Herrn auch in den dunklen Momenten des Lebens – wenn die Zeit vergeht, ohne uns die Antworten zu geben, die wir suchen –, daran, wieder zu uns zu kommen und uns dort zu begegnen, wo wir auf ihn warten. Er ist grosszügig, er wird bald kommen!“
Chur, 7. Juni 2025
Nicole Büchel
Kommunikationsverantwortliche Bistum Chur
Fotos: Dirk Frischknecht & Nicole Büchel
Auszug aus Vatican News: Ansprache Papst Leo