Fronleichnam - Festpredigt

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Liebe Mitbrüder
Liebe Schwestern und Brüder

Jedes Jahr feiern wir am heutigen Fest die Gegenwart des Herrn im Allerheiligsten Altarsakrament. Wir feiern, dass er für uns und mit uns auf Erden im Sakrament der Eucharistie verbleiben und gegenwärtig sein will. Wir feiern diese Gegenwart öffentlich und dankbar, wir sind äusserst dankbar, dass er für uns da ist. Es stellt sich nun die Frage: Wollen wir unsererseits auch für ihn da sein? Sind wir heute hier mit der Herzenseinstellung, ihn in Dankbarkeit verehren und anbeten zu wollen? So wie die Gegenwart des Herrn in der Eucharistie die wirkliche, geheimnisvolle Quelle des Fortbestehens der Welt ist, so ist unsere anbetende Haltung vor der Eucharistie der wirksamste Beitrag unsererseits, damit die Welt weiter besteht und damit die zahlreichen Wunden der Welt und der Geschichte gelindert und geheilt werden können.

Die 12 Apostel dachten und handelten sehr vernünftig. Sie trugen Sorge, Sie machten sich Gedanken über all jene Menschen, die nach einem langen Tag müde und hungrig bei Jesus waren. Ich vermute, dass auch sie nach dem anstrengenden Tag selber müde und hungrig waren. Sie hatten für den eigenen Gebrauch 5 Brote und 2 Fische bei sich. Sie dachten, die Menschen müssen in die benachbarten Dörfer gehen, um essen und ausruhen zu können. Es war alles sehr vernünftig. Dies ist aber nicht die Logik Gottes. Seine Logik übersteigt bei Weitem unsere Vernunft. Seine Logik besteht auf einem Übermass der Liebe. Der Apostel Paulus hat persönlich offenbart bekommen, wie das Ausmass dieser göttlichen Liebe aussieht: « Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt.» Gott hat sein Leben für uns Menschen hingegeben. Er hat den Tod auf sich genommen, damit wir leben können. Die Eucharistie ist das stete Fortbestehen dieser Hingabe für unser Leben: der hingegebene Leib, das vergossene Blut für das Leben der Welt.

Im Herrn Geliebte, die hungrigen Apostel wurden beauftragt, mit den Gaben des Herrn, mit den Gaben, die durch seine Hände entstanden, die hungrigen Menschen zu sättigen. Diese 12 Müden wurden beauftragt und ermächtigt, die müden Menschen mit neuen Kräften zu stärken, welche durch die Verwandlung der vorhandenen Nahrung in den Händen Jesu entstanden sind. Als sie vernünftig dachten, dass die Menschen auswärts Nahrung und Erholung suchen müssten, sagte Jesus ihnen: «Gebt ihr ihnen zu essen!» Dasselbe sagte er im Grunde beim Letzen Abendmahl, als er die Eucharistie einsetzte: «Tut dies zu meinem Gedächtnis!»

Nur er, unser Erlöser, nur die Hingabe seines Lebens ist Heil für die Welt, ist die Nahrung der Menschheit für das ewige Leben. Dennoch hat er Menschen beauftragt, Werkzeuge und Vermittler dieser Hingabe und dieser Nahrung zu sein. Der Fortbestand der Eucharistie braucht Hände, welche die wirkenden Hände Jesu darstellen. Es ist daher dringend nötig, dass wir intensiv für Priester-Berufungen beten. Die geweihten Priester sind unersetzlich für das Heil der Welt. Die Welt braucht aber wiederum Priester und Nichtgeweihte, die dank der Kraft der Eucharistie - überall in der Welt - ihr Leben hingeben, damit die erschöpften und nach Liebe hungernden Menschen Rast und Halt, Hoffnung und Zuversicht, Freude und Glück, Frieden und Liebe finden können. Die Welt braucht dringend eucharistische Priester und eucharistische Gläubige.

Wenn wir die Eucharistie anbeten, sollten wir verstehen, dass Christus uns von dort aus einlädt, unsererseits Nahrung und Heil für die Welt, für die Mitmenschen zu werden. Er bringt uns bei, selber gespendetes Leben zu sein, gebrochenes Brot für die anderen zu werden. Wir sind alle – Christinnen und Christen – unverzichtbare Mitarbeitende des eucharistischen Jesus für die Rettung der Menschheit. Wir sollten ihn nicht allein lassen mit seinem Heilswirken.

Es gibt eine Stelle im Youcat, im jungen Katechismus, von Jungen für die Jungen geschrieben, in dem die Sakramente erklärt werden, welche ich als die gelungenste Beschreibung der Sakramente erachte. Es heisst dort: «Sakramente brauchen wir, um über unser kleines menschliches Leben hinaus zu wachsen und durch Jesus, wie Jesus zu werden. In der Taufe werden verlorene Menschenkinder zu geborgenen Kindern Gottes; durch die Firmung werden Schwache zu Starken: durch die Beichte werden Schuldige zu Versöhnten; durch die Eucharistie werden Hungrige zum Brot für andere: durch die Ehe, wie durch die Priesterweihe werden Individualisten zu Dienern der Liebe; durch die Krankensalbung werden Verzweifelte zu Menschen der Zuversicht.» Es ist herrlich gesagt. Besonders das, was über die Eucharistie gesagt wird: In der Eucharistie werden Hungrige nicht an erster Stelle selber gesättigt, sondern in Hingabe Brot für die Anderen.

Darf ich insistieren: Wenn wir den eucharistischen Jesus anbeten, sollten wir zugleich verstehen, dass wir eingeladen werden, ihn in seiner Lebenshingabe für die Menschen nicht allein zu lassen. Die Hostie ist er, unser Heiland, er ist der Priester, der Altar und das Opfer, wie es in einer Präfation heisst. Er ist der Betende für die Menschen, wie er es im Ölgarten, vor der Hingabe seines Lebens tat. Er ist das Leben der Welt. Er möchte aber bestimmt, dass wir ihn dabei begleiten. Was er damals im Garten Gethsemane den eingeschlafenen Aposteln sagte: «Konntet ihr nicht einmal eine Stunde mit mir wachen?» fragt Jesus uns jeweils von der Eucharistie aus: Könnt ihr nicht mit mir hingegebenes Leben für die Menschen sein?

Jeder Tabernakel stellt die Quelle von allem dar, was der Welt Heil bringt: Dort finden wir das Licht des Friedens, dort entdecken wir das Licht der Hoffnung, dort ist die Quelle der Geschwisterlichkeit vorhanden, einzig dort ist der Ursprung des Heils und der Erlösung. Wir mit unserer Begrenztheit sind dennoch berufen, wie das ewige Licht zu wirken. Mit unserer Gegenwart in der Nähe des Tabernakels, als Anbetende der Eucharistie, sind wir eingeladen, Zeugen und Werkzeuge, Vermittlerinnen und Vermittler dieses Lichtes zu bleiben. Solange wir Anbetende bleiben, geht das Licht in der Welt nicht aus. Amen

 

Chur, 19. Juni 2025

Joseph Maria Bonnemain
Bischof von Chur

 

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