Sven Probst wird zum Diakon geweiht

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Lieber Sven
Liebe Mitbrüder
Liebe Schwestern und Brüder

Damals, als einige Griechen an Philippus mit dem Wunsch herantraten, Jesus kennen zu lernen, meldete Philippus dies sofort Andreas. Beide waren bestimmt ganz euphorisch; sie dachten: jetzt ist der Durchbruch da, sogar die Heiden und die Griechen möchten Jesus kennen lernen. Sie waren glücklich, voll Freude, dass das Wirken Jesu nun Erfolg hatte. Sie rannten mit der guten Nachricht zu Jesus. Die Reaktion Jesu' war für sie ganz überraschend. Die Antwort des Herrn erklärte, wie der wahre Erfolg und wirkliche Freude entstehen: Er sprach von der Hingabe seines Lebens, vom Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, um so reiche Frucht bringen zu können. Diese Antwort unseres Heilands über seine Verherrlichung am Kreuz und durch das Kreuz bleibt gültig und massgebend für alle Zeiten. Die wahre Frucht, das Leben, das Leben schlechthin, das heisst, das Leben, das jegliche Niederlagen besiegt, entsteht nicht, kann nicht entstehen ohne Opfer, ohne Hingabe, ohne Verzicht. Als Jesus seine Jünger aussandte, wohin er selber gehen wollte, sagte er ihnen: «Die Ernte ist gross!» Die Ernte ist zu jeder Zeit gross, weil die Liebe des Herrn übergross bleibt, weil seine Opferhingabe, die stets in der Eucharistie gegenwärtig bleibt, übergross ist.

Lieber Sven, ich weiss, dass du sehr bewusst, sowohl die Lesung wie auch den Evangeliumsabschnitt ausgewählt hast. Mit diesen beiden Texten möchtest du dein Verständnis von Seelsorge und ihre Wirksamkeit zum Ausdruck bringen. Die Fruchtbarkeit des pastoralen Dienstes und der Seelsorge zu allen Zeiten, fliesst aus der Bereitschaft jener Menschen, die sich selbst nicht vorenthalten, sich nicht drücken, sich selbst ganz in den Dienst stellen: dies kostet das Leben, aber solche Menschen sind dazu bereit, es nie billiger zu tun. Seelsorger zu sein ist nicht nur ein Beruf, ein Job, eine Aufgabe, ein Dienst, ein Amt; dies ist vielmehr die Bereitschaft, in der Nachfolge des gekreuzigten Erlösers das Leben restlos hinzugeben. Wir sagen, das heisst: wir glauben, dass das Sakrament der Weihe einen Charakter prägt. Es geht nicht zuletzt um diese Bereitschaft, mit Christus in die Erde gesenkt zu werden, damit aus allem, was Erde, Vergänglichkeit und Welt ist, Leben und Ewigkeit aufblühen. Wir sprechen manchmal von Charakter haben. Diese Redewendung bedeutet, dass jemand Beständigkeit, Zuverlässigkeit, Ausdauer, Mut, Treue besitzt. Ich würde meinen, den Charakter der Weihe sollte man auch so verstehen: Ja, es geht um die Bereitschaft – obwohl wir sehr begrenzt und klein sind und bleiben – vereint mit dem Herrn, so beständig, so zuverlässig, so ausdauerhaft, mutig und treu in der Liebe wie er versuchen zu bleiben. Immer wieder höre ich, dass wir Seelsorgende auch eine hohe Professionalität aufweisen sollten. Gedacht dabei sind eine Menge von Eigenschaften: die Fähigkeit, ein Team zu leiten, empathisch mit dem Menschen umzugehen, Organisationstalent zu besitzen, den richtigen Ton und Umgang zu treffen, Kreativität, Dialog, Kommunikation, mitreissend predigen, eine gute Rhetorik. Dies alles ist zweifelsohne richtig, obwohl alles zusammen in einem Menschen zu finden, ist vermutlich alles andere als realistisch. Schliesslich wage ich zu sagen, dass die eigene Professionalität eines Geweihten darin besteht, nicht zu zögern, zusammen mit Christus Weizenkorn zur Verherrlichung Gottes und zum Heil der Menschen zu sein. Ohne diese Professionalität des Weizenkorns bleibt jegliche andere Professionalität unwirksam und unfruchtbar. So betrachtet ist auch das Privatleben der Seelsorgenden, Zeugnis für das Heil. Das Familienleben, die Freundschaften, die Beziehung auf allen Ebenen, das gesellschaftliche Leben sollten auch von Dienst und Hingabe geprägt sein. Ja, in Christus bleibt man nie in sich selbst und für sich selbst.

Und nun kommen wir zur anderen Realität, die du, Sven, gestützt auf die Ausführungen des Apostels Paulus in seinem Brief an die Gläubigen in Philippi, unterstreichen möchtest. Gerade durch den Charakter, den wir vorher beschrieben haben, entsteht viel Freude. Wir spenden viel Freude den anderen und im eigenen Herzen entsteht dadurch auch eine wahre beständige Freude. Ich habe vor vielen Jahren etwas gehört, das mir immer geblieben ist; nämlich: «Die Freude hat kreuzförmige Wurzeln.» Ohne diese Wurzeln – billiger – verwelkt die Freude bald. Es geht um die Freude im Herrn, um die Freude am Herrn und um die Freude mit dem Herrn. Und ihn finden wir nur dort, in einer Apotheose der Liebe, wo selbst das Kreuz die Freude nicht besiegen konnte. Wenn wir mehr Zeit hätten, könnten wir eine Reihe von Stellen in der Heiligen Schrift betrachten, wo diese Freude des Herrn charakterisiert wird. Es ist die Freude bei den Wehen der Geburt des neuen erlösten Menschen. Es ist die Freude, die immer geteilte Freude ist, «wenn einer leidet, leiden alle mit, wenn einer sich freut, freuen sich alle mit». Es ist die Freude der Gewissheit, dass unsere Namen im Himmel aufgeschrieben sind. Es ist die unbeschreibliche Freude, die man spürt, schon wenn ein einziger Sünder sich bekehrt und zurückkehrt. In der Nachfolge Christi leben wir nicht gestützt auf Statistiken, auf Zahlen. Zu leben für das Leben eines einzigen Menschen erfüllt das Leben eines wahren Seelsorgers mit einer Freude, die keine Trübung kennt.

Lieber Sven, sei und bleibe Diener der Freude Gottes und Diener der Freude der Menschen.

 

Brunnen, 25. Oktober 2025

Joseph Maria Bonnemain
Bischof von Chur

 

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