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Bistum Chur

Ehepastoral: Empfehlung der Diözesanen Pastoralkonferenz

Ehepastoral

Empfehlung der Diözesanen Pastoralkonferenz

 

[Vgl. dazu das Schreiben von Bischof Amédée Grab]

 

1. Einführung

Die letzten dreissig Jahre haben grosse Veränderungen im Verständnis von Ehe und Partnerschaft hervorgebracht. Das traditionelle Bild mit Eheschließung, Geburt, Erziehung der Kinder bis hin zur Auflösung der Ehe durch den Tod, sind mit verschiedensten weiteren Formen von Ehe und Partnerschaft ergänzt worden:

  • Eheähnliche Lebensgemeinschaft
  • Patchwork Partnerschafts- und Familien Formen (1)
  • Alleinerziehende mit loser Partnerschaft
  • Geschiedene Wiederverheiratete
  • Partnerschaften mit Partnern aus anderen Religionen/Kulturen
  • Verwitwete und ältere Personen, die zusammen leben

Diese neuen Formen bedingen eine Neuorientierung in der Ehepastoral. Die Kirche hat die Sendung, dahin zu wirken, dass möglichst viele Ehepartner die von Christus verkündete lebenslängliche Liebe und Treue leben und verwirklichen können. Die blosse Verkündigung des Sakramentes Ehe, die ethische Forderung nach unbedingter Treue und die Androhung gesetzlicher Sanktionen genügen dazu nicht mehr. Es sind auch Hilfestellungen notwendig, wenn im konkreten Fall Ehen auseinander brechen bzw. psychisch tot sind.

 

2. Problemstellung

Die Pastoralkonferenz hat der Arbeitsgruppe den Auftrag erteilt, Empfehlungen zur Ehepastoral zuhanden unseres Diözesanbischofs Amédée Grab zu erarbeiten. Nachdem sich dazu auch der diözesane Priesterrat geäußert haben wird, wird der Bischof, der von der Pastoralkonferenz beraten sein will, solche Empfehlungen/Ratschläge an die Seelsorger/Innen und an die Pfarreiräte weitergeben.

Die Arbeitsgruppe sieht ihre Aufgabe darin,

  1. Visionen festzuhalten, woran und wohin sich ihres Erachtens die Ehepastoral orientieren soll, und
  2. praktische Tipps, Modelle, Ermutigungen weiterzugeben, wie Seelsorger/Pfarreiräte in dieser Frage konkret vorgehen können.

Zwei Felder sind in den Blick zu nehmen:

  1. Die Vorbereitung von Ehe und der Akt der Eheschliessung.
  2. Die Begleitung der Ehepaare über die Lebensspanne hinweg.

 

3. Bereiche

Wir sind uns bewusst, dass auf dem Weg, im Prozess in die Ehe und durch die Ehe je nach Lebensalter, eigene und gemeinsame (Paar-)Geschichte(n) und unterschiedliche Sinnthemen auftauchen und an Aktualität gewinnen können. Diese sind dann, wenn sie aktuell werden, kompetent und fokussiert zu begleiten. Dies verlangt von den Pfarreien und ihren Verantwortlichen eine wache Achtsamkeit, grosse Behutsamkeit wie tolerante Offenheit.

In Ehe-Vorbereitung und Ehe-Begleitung sind drei Bereiche wichtig:

  • Der sakramental rituelle Bereich der Ehepastoral ist aufzuwerten und mit Zeit- und Gesellschafts adäquaten Formen zu verändern, um ein inneres Sinn-Verständnis der sakramentalen Zeichen zu erreichen.
  • Der kognitiv strukturelle Bereich: Was ist zu wissen rund um die Eheschliessung, Abläufe, Konsequenzen, medizinisch. (kirchen-) juristische etc. Fragen und Folgen.
  • Der emotional visionäre Bereich: Worin sind (künftige) Ehepartner bezüglich einer hinreichend guten Partnerschaft zu unterstützen? Welche Hilfe/Begleitung kann bezüglich gemeinsamer Rituale, partnerschaftlicher (ICH- wie WIR-) Identitätsentwicklung und der Bewältigung alltäglicher Dissonanzen und Klippen angeboten werden?

– Die Arbeitsgruppe ist der Ansicht, dass die kognitiven Aspekte in vielen Bereichen hinreichend gut abgedeckt sind (was die Abläufe, Rechte betrifft), oder die Ehepartner leichten Zugang zu Informationen diesbezüglich haben. Zu verstärken wäre der sakramentale Transfer religiösen Gedankengutes wie Rituale, Elemente aus Liturgie und Glauben in die konkrete Lebenssituationen der Ehepartner hinein.

– Es sollte in unseren Bemühungen innerhalb der Ehepastoral eine Verlagerung zu den emotionalen Bedürfnissen hin geschehen. Oft herrscht emotionale Heimatlosigkeit, was die Ehe selber, aber auch die Integration in das soziale Umfeld betrifft. Hier kann die Pfarrei Beheimatung anbieten durch z.B. Promotion von Ehegruppen, in denen ein (geschützter) Freiraum zum Erleben/Besprechen/Austausch von Ehe- und Familienthemen besteht. Solche Gruppen sind zu fördern unter Einbezug von Fachpersonen für Gruppenprozesse/dynamiken und für Probleme im sozial- wie individualpsychologischen Bereich zum Thema.

 

4. Vorschläge

Wir wollen Personen zur Ehe und Partnerschaft ermächtigen, das heisst: Wir wollen sie begleiten auf ihrem Prozess zu sich selber, zum Partner in der Ehe, zur Familienfindung, zu anderen Ehepaaren und zur aktiven kirchlichen Gemeinschaft. Dies kann über verschiedene Wege geschehen wie: gemeinsame Problem-Themenbearbeitung, Gespräche, Gebet/Meditation, gewaltfreie Konflikt- und Ressourcen-Arbeit.

Diese Begleitung (vor wie in und entlang der Ehe) geschieht durch SeelsorgerInnen wie Fachpersonal einerseits. Andererseits sollen Ehepaare aufgrund ihrer eigenen Kompetenz und Erfahrung zum Gelingen solchen Austausches beitragen. Dieses Ressourcenpotential liegt unmittelbar in jeder einzelnen Pfarrei und ist auch dort, vor Ort, zu fördern und zu fordern.

Aus obengenannten Überlegungen heraus ergeben sich einige Forderungen:

 

1. Entfernte Ehevorbereitung

Bereits bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird in Angeboten Ehe und Partnerschaft thematisiert im Sinne von Einüben in Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, im Bereiche von Freundschaft, Liebe und Sexualität und in der Hinführung zu Beziehung und Partnerschaft

2. Unmittelbare Ehevorbereitung

Die Ehevorbereitung geschieht kleinräumig, d.h. innerhalb der Ortspfarrei, des Pfarreiverbundes oder eventuell regional und in zeitlicher Regelmässigkeit. (Nicht die Quantität ist entscheidend, sondern die Qualität der Teilnehmenden).
In ca. drei Treffen lernen heiratswillige Paare die kirchlich formalen Anforderungen und Notwendigkeiten kennen, und gleichzeitig können Kontakte mit anderen Paaren vermittelt und innerkirchliche Solidarität gefördert werden. Gefördert werden ebenfalls christliche Spiritualität, alternative Kommunikations- und Konflikt-bearbeitungsmöglichkeiten, der persönliche Austausch über Herkunftsfamilie, Prägungen, Erwartungen und Ängste.
Es sind neue, rituelle Formen zu suchen, die das Sakrament Ehe als Heilszeichen und die kirchlich religiösen Vollzüge in die partnerschaftliche Beziehungsgeschichte hinein zu übersetzen vermögen, die Paare ansprechen und den heutigen Ehealltag bereichern. (im Sinne eines ‚basiskirchlichen‘ Engagements mit vor allem seelsorglicher Begleitung).

 3. Ehebegleitung

Die emotionale Beziehungsgeschichte einzelner Ehepaare in Verbindung mit anderen Ehepaaren (aus dem näheren Umfeld) muss vermehrt gefördert werden (unter Einbezug von Fachpersonal, das psychodynamische Geschehen und Krisen zu bearbeiten weiss).
Verschiedene Formen sollten freudig experimentiert werden wie Vorträge, (Dia-) Meditationsabende, Eheweekends, Thematische Ehe-Hoch-Zeiten-Abende, Ehe-Arena, Gebetsgruppen, Bibel-Ehegruppe, etc.
Es sind Formen und Inhalte zu suchen, die einen Gedankenaustausch der Eheleute (im pfarreilichen Rahmen) auf ihrem Eheweg in ihren Ehephasen innerhalb der Ortspfarrei ermöglichen oder fördern (im Bereiche von Bearbeitung alltäglicher Ehethemen bis hin zu meditativen, spirituellen Formen). Das bedeutet: Angebote im räumlichen Bereich wie Besinnungsabende, Tanzkurse, offene Gesprächsrunden, Ehepaargruppen etc.

 

Nicht jede Pfarrei ist in der Lage, alles zu tun, was möglich wäre. Sie sucht deshalb die Zusammenarbeit mit Nachbarpfarreien im Dekanat, mit Bildungshäusern sowie mit anderen Organisationen und Institutionen. Manche Aufgabe wird sinnvollerweise in einer ökumenischen Zusammenarbeit mit anderen Kirchen angegangen.

 Vgl. dazu die Arbeitshilfen für die Ehepastoral

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Anmerkung:

(1) Neu zusammengefügte Familien-Teile