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Bistum Chur

Die Experten in Sachen Ritter und Saal – der Meister der Skulpturen

Last but not least: Restaurator Ivano Rampa, seines Zeichens Herr über dutzende und aberdutzende Pinsel, Farbtöpfe und Pigmente, in seinem Reich der Kunst, einem studio magico.

 

 

 

 

 

 

Maestro , die Bühne gehört Ihnen:

„Die Realisierung eines Werkes wie dem Rittersaal war schon seit jeher nur dank der Zusammenarbeit verschiedener Fachpersonen möglich. Nebst denen, die mit ihren Ideen und Visionen ein solches Projekt initiierten und in seine Umsetzung viel investierten, spielten dabei zahlreiche Handwerker aus verschiedenen Disziplinen eine Hauptrolle. So waren am Bau des Rittersaals unter Bischof Ulrich VI de Mont 1661-1692 bereits Maurer, Gipser, Stuckateure, Schreiner, Holzbildhauer und Fassmaler beteiligt, um nur einige von ihnen zu nennen.

 

 

 

 

 

 

Entsprechend überrascht es nicht, dass auch heute für den Erhalt des Saales eine Auswahl verschiedener Fachpersonen erforderlich ist und nur durch deren Koordination und Zusammenarbeit ein gutes Resultat erzielt werden kann. Im konkreten Fall waren nebst uns als Restauratoren auch ein Holzrestaurator, ein Möbelrestaurator, eine Metallrestauratorin und eine Gemälderestauratorin
mit ihrem jeweiligen Fachwissen massgebend am guten Resultat des Projekts beteiligt. Nicht zu verschweigen sind auch Arbeiten im Bereich der modernen Technik wie die neue Heizung und Beleuchtung des Raumes. Diese unterstützen und ergänzen die Massnahmen der reinen Konservierung.

 

 

 

 

 

 

Wie viele Dinge erlebte auch die Konservierung-Restaurierung von Kulturgütern im Laufe der Geschichte Veränderungen in seiner Philosophie und Praxis und gerade in der Baudenkmalpflege, wo es um genutzte Räume geht, zeigen sich die unterschiedlichen Ansätze deutlich. Während einige Generationen in der Restaurierung gerne auch gewisse Anpassungen an aktuelle Moden und
Bedürfnisse ausführten, sind wir heutzutage eher wieder darauf zurückgekommen, dass in historischen Bauten weniger oft mehr ist. Im Rittersaal zeigt sich dieses Phänomen an verschiedenen Stellen.

 

 

 

 

 

 

Beispielsweise wurden die vier Bischöfe erst bei der letzten Innenrenovation
1919 in die Holzdecke integriert und für die Wandflächen gibt es Befunde zu mehreren, verschiedenfarbigen Anstrichen, welche verschiedene Phasen der Raumgestaltung über die Jahrhunderte bezeugen. Aufgrund von neuen Vorschriften und technischen Möglichkeiten aber auch praktisch-technischen Einschränkungen sind gewisse Veränderungen unumgänglich.

 

 

 

 

 

 

Unser klares Ziel war es aber, soweit als möglich konservatorisch, das heisst erhaltend, zu intervenieren. Statt uns selbst zu verwirklichen ist es uns viel mehr ein Anliegen, den Visionen der Erschaffer eines solchen Raumes und den Fertigkeiten der Handwerker und Künstler vor uns respektvoll entgegenzutreten und ihr Werk möglichst unverfälscht an kommende Generationen weiterzugeben.

 

 

 

 

 

 

Unsere Aufgabe im Rittersaal war in erster Linie die Konservierung der Oberflächen der Holzdecke und der Wände. Dabei führten wir eine sorgfältige Reinigung aller Oberflächen aus. Das klimatisch bedingte, stellenweise stark verschmutzte und fleckige Wandbild wurde durch lokale Farbretuschen
beruhigt. Zählt man beim Durchqueren des Rittersaals seine Schritte, so sind es 19 in der Breite und 23 in der Länge. Allein schon diese Dimensionen waren bei unseren Arbeiten und der Wahl praktikabler Methoden von Relevanz.

 

 

 

 

 

 

Ebenfalls zu berücksichtigen, galt es auch stets die Ansprüche
und Bearbeitungsmöglichkeiten der vorhandenen Materialien. So ist der Leimfarbanstrich der Wände beispielsweise sehr sensibel auf Wasser und kann nicht ohne weiteres einfach hier und dort etwas mit Farbe überpinselt werden, ohne dass dabei sofort neue Wasserränder entstehen würden. Beim flächigen Überarbeiten gilt es hingegen das Risiko von Spannungsaufbau und entsprechenden Folgeschäden an den Malschichten mit abzuwägen.

 

 

 

 

 

 

Andere Dimensionen aber nicht weniger Sorgfalt bestimmten unsere Konservierung der spätgotischen schwäbischen Vierergruppe, die um 1510 entstand und des Kruzifix auf der Galerie aus der 2. Hälfte 15 Jh., also der Teile der Innenausstattung, die noch älter sind als der Rittersaal selbst. Diese wurden während der Bauzeit abmontiert und im sicheren Umfeld unseres Ateliers gereinigt und ihre Fassung wo nötig gesichert und retuschiert.

 

 

 

 

 

 

Analog wurden auch die Portraitgemälde zu ihrer Bearbeitung in das Restaurierungsatelier der Gemälderestauratorin gebracht, wo jedes von ihnen ausgerahmt, gereinigt, planiert und nötigenfalls konsolidiert wurde. Auch der Möbelrestaurator bearbeitete die historischen Tische, Stühle und Schränke des Saals abseits der Baustelle während die Metallrestauratorin die mobilen Hellebarden in ihrem Atelier bearbeitete, den pompösen Kronleuchter jedoch vom Baugerüst aus reinigte und stilgetreu ergänzte. Vor Ort war auch der Holzrestaurator oft anwesend, welcher die Stabilisierung und Ergänzung der Galerie im originalgetreuen Material vornahm.

 

 

 

 

 

 

Die neue Beleuchtung mit ihren verschiedenen Inszenierungsstufen ermöglicht es, alle Objekte zu allen Anlässen mit angemessenem Fokus ins passende Licht zu stellen, ohne dass dazu invasive restauratorische Massnahmen nötig waren, welche dem wichtigen Restaurierungsprinzip der Reversibilität widersprochen hätten. Und sollte die Beleuchtung irgendwann veraltet sein, kann sie ausgewechselt werden, ohne dass die Objekte dabei Schaden tragen werden.

 

 

 

 

 

 

Gerne stelle ich mir vor, wie in vierzig Jahren (2063) Menschen zum 400 jährigen Bestehen des Rittersaals in diesem Raum zusammenkommen werden. Ich denke, sie werden sich darüber freuen können, dass wir im 2023 den Raum nicht entsprechend einer bis dann bereits wieder vergangenen Mode umgestaltet haben, sondern ihn gut erhalten und nutzbar aber in seinem bisherigen Charakter
an sie weitergegeben haben.

Denn dies war unser Ziel und ich denke, dass wir es dank der Zusammenarbeit aller Beteiligten erreicht haben.“

 

Zur Person
Ivano Rampa ist freischaffender Konservator-Restaurator und seit vielen Jahren im Hof tätig. Bereits in der Kathedrale, insbesondere im Domschatzmuseum bei der Restaurierung der Todesbilder. Seine Fachgebiete sind vielfältig und reichen von Archäologie über Architektur, Gemälde bis hin zu Skulpturen. Im Rittersaal war er für die Konservierung und Restaurierung der Wände und Holzskulpturen zuständig.

 

Weitere Restauratoren, die nicht portraitiert worden sind:
Möbelrestaurator: Jürg Schmid, Chur: Möbel im Rittersaal
Holzrestaurator Aaron Bellini, Parsonz: Galerie Rittersaal

 

Chur, 22. Dezember 2023
Nicole Büchel,
Kommunikationsverantwortliche Bistum Chur
Dirk Frischknecht,
Fotograf Bistum Chur