Zum Start ins neue Amtsjahr von Regierungs- und Kantonsrat im Kanton Zürich fand am 3. Mai vor der Session der traditionelle ökumenische Gottesdienst in der reformierten Kirche Zürich-Oerlikon statt. Coronabedingt war auch dieses Jahr die Anzahl Besucher beschränkt. Bischof Joseph Maria Bonnemain hielt eine kurze Ansprache.
Geschätzte Parlamentarierinnen und Parlamentarier
Geschätzte Regierungsräte und -rätinnen
Seht, ich mache alles neu! (Offb 21,1). Dieser Satz aus der Offenbarung des Johannes bezieht sich nicht nur auf das Ende der Zeiten. Er besagt auch, dass Gottes schöpferische Kraft das Universum andauernd im Sein erhält und erneuert. An dieser «Wiederbelebungsfähigkeit» hat auch der Mensch Anteil. Nach jeder schwierigen Epoche der Geschichte hat die Menschheit wertvolle neue Erfahrungen gewonnen und ist mit Kreativität und kühnen Projekten zu neuen Ufern aufgebrochen.
Auch wir haben im Lauf der Pandemie wichtige neue Einsichten gewonnen. Eine grosse Solidarität ist entstanden zwischen den verschiedenen politischen Ausrichtungen, Kulturen, Nationen und Religionen, um den Betroffenen beizustehen. Wir haben alle im Innersten erfahren, dass dem menschlichen Herzen virtuelle, digitale Kontakte nicht genügen. Wirklich, der Mensch lebt nicht von Kontakten allein, er lebt von Beziehungen. Wir begreifen jetzt viel besser, wie wichtig Zuneigung, Geborgenheit und Zärtlichkeit im Leben sind. Um dies zu fördern, sind wir erfinderisch und phantasievoll vorgegangen. Ein bunter Strauss an Kommunikations- und Unterstützungsweisen ist entstanden, wie man sie zuvor nicht kannte. Die Forschung und Entwicklung von wirksamen Medikamenten und Impfstoffen hat sich dramatisch beschleunigt. Wir können mit Händen greifen, dass uns der Beistand des Allmächtigen, der alles neu macht, nicht fehlt.
Darum dürfen wir zuversichtlich in die Zukunft blicken, auch wenn der Weg zur ganz ungezwungenen und spontanen Normalität noch lange sein dürfte. Der Gott der Kreativität, der stets neues Leben hervorbringt, ist gleichzeitig der Gott, der uns beisteht und uns nicht im Stich lässt: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist die Kraft meines Lebens, vor wem sollte mir bangen?“ (Ps 27,1)
Es ist also sehr wohl möglich, am Ende dieser Pandemie in einer besseren Welt zu leben. Aber das hängt auch von unserer Haltung gegenüber dem Leben ab.