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Bistum Chur

Homilie von Bischof Vitus Huonder am Hochfest von Ostern 2019

Brüder und Schwestern im Herrn

Noch hören wir den Lobpreis auf das Kreuz des bekannten Hymnus Pange lingua gloriosi praelium certaminis – Preise, Zunge, und verkünde den erhabnen Waffengang. Dieser Gesang stammt aus dem sechsten Jahrhundert. Er ist eine Dichtung von Bischof Venantius Fortunatus. Wegen seiner Schönheit und seiner tiefen Mystik singen wir ihn immer noch als einen der bevorzugten Gesänge der Passionszeit.

Hervorheben möchte ich heute zum Osterfest den Vers: Singe, wie der Welt Erlöser starb und dennoch Sieg errang.- Dic … qualiter Redemptor orbis Immolatus vicerit. In diesem Vers wird mit wenigen Worten die ganze Botschaft des österlichen Geschehens ausgedrückt: Der Erlöser starb und errang dennoch den Sieg. Der Ostersieg, die Auferstehung, geht aus dem Tod unseres Herrn hervor.

In der lateinischen Sprache ist der Ausdruck noch stärker: Immolatus vicerit – geopfert hat er gesiegt. Indem der Herr sich opferte, hat er den Sieg errungen. Der Ostersieg, die Auferstehung geht aus dem Opfer des Herrn hervor, aus dem Kreuzesopfer. Deshalb ist das Kreuzesopfer, welches in jeder heiligen Messe vergegenwärtigt wird, für uns von solcher Bedeutung. Denn in jeder Eucharistiefeier können wir die Worte wiederholen: Immolatus vicerit – geopfert hat er gesiegt.

Nicht indem Jesus sich vor dem Richter verteidigte, seine göttliche Vollmacht hervorkehrte und eine Gegendarstellung verlangte, nicht indem er mit Waffengewalt drohte und seine Gegner verwünschte und beschimpfte, hat er den Sieg errungen. Sondern indem er das Kreuz auf sich nahm und starb, als Opfergabe starb. Es ist eben der Sieg eines Königtums, das nicht von hier ist. Der Herr hat es vor Pilatus bestätigt: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn es von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich … nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier (Joh 19,36).

Damit aber führt uns Jesus ins österliche Geschehen. Denn wenn sein Königtum von dieser Welt wäre, wäre Ostern nicht möglich, wäre Auferstehung nicht möglich. Was in einem Königreich dieser Welt vernichtet und zerstört wird, das bleibt vernichtet und zerstört. Das hat keine Zukunft. Unsere Welt hat keine Zukunft, unsere Politik hat keine Zukunft, ja – ich wage es zu sagen – unsere Kirche hat keine Zukunft, wenn wir uns nicht nach DEM richten, dessen Königtum nicht von dieser Welt ist, und wenn wir nicht nach dem streben, wie es im Brief an die Kolosser heißt, was oben ist (Kol 3,1), was im Himmel ist. Das ist heute unser Auftrag, so zu leben, dass jeder Mensch feststellen kann: Dieser Christ strebt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Er richtet seinen Sinn auf das, was oben ist, nicht auf das Irdische (Kol 3,2). Das bedeutet auch: Er geht mit dem Irdischen so um, dass es ein Weg nach oben wird, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt.

Ist die Feuersbrunst in der Notre Dame von Paris ein Fanal für den Zustand unserer Kirche? Ist dies ein Zeichen eines ausgebrannten Christentums, eines ruinierten Christentums, eines Christentums, das sich Königtümern dieser Welt angeschlossen hat? Ist es eine Warnung davor, dass man, will man zum Königreich unseres Herrn gehören, nicht mit dieser Welt paktieren und Wege beschreiten kann, welche uns vergessen lassen, dass der Herr wegen unseren Sünden gestorben ist, wegen all dem, was die gute Schöpfung zugrunde richtet, was das Leben vernichtet, was die Sitten zerstört und Gottes Gebote missachtet? – Lassen wir uns daher vom Apostel inspirieren: Seid ihr nun mit Christus auferweckt, so strebt nach dem, was oben ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt (Kol 3,1). Amen.