Von Bischofsvikar Christoph Casetti
Für alles Mögliche gibt es heilige Patrone. Wer etwas verloren hat, wendet sich an den heiligen Antonius. Im Strassenverkehr hilft der heilige Christophorus. Und bei Zahnschmerzen wendet man sich an die heilige Apollonia. Mein Vorschlag ist es nun, die heiligen Märtyrer Kosmas und Damian zu Patronen der Transplantationsmedizin zu erklären. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Erstens handelt es sich bei diesen Heiligen um Ärzte. Und zweitens haben diese ihre Patienten gratis behandelt oder allein durch das Gebet, was bei Ärzten eher ungewöhnlich ist. Vielleicht könnten sie in dieser Rolle etwas beitragen zur Verbilligung dieser so kostenintensiven Medizin. Entscheidend ist für mich jedoch ein anderer Grund. Die Legende erzählt: Einstmals diente in der Kirche ein Mann, dem hatte der Krebs sein ganzes Bein gefressen. Nun geschah es, dass er in der Kirche eingeschlafen war. Da erschienen ihm die heiligen Ärzte im Traum und trugen Salben und allerlei ärztliches Werkzeug mit sich. Der eine sprach zum anderen: “Wo sollen wir aber frisches Fleisch hernehmen, das Loch zu füllen, weil wir das faule Fleisch ja herausschneiden müssen?” Da sagte der andere: “Auf dem Friedhof von St. Peter ist heute ein Mohr begraben worden, der ist noch frisch; von dem hole, was wir für diesen brauchen.” Also lief der eine zum Friedhof und brachte das Bein des Mohren. Danach schnitten sie dem Kranken den Schenkel ab und setzten den Schenkel des Mohren an die Stelle und salbten die Wunde mit Sorgfalt. Das Bein des Kranken aber taten sie zu dem Leib des Mohren. Als der Mann erwachte und keinen Schmerz mehr empfand, griff er mit der Hand an seine Hüfte und fand sie ohne Fehl. Da zündete er ein Licht an und sah, dass nichts Böses mehr an dem Beine war und fing an zu zweifeln, ob er es wäre, den er anfühlte, oder ein anderer. Aber als er wieder ganz zu sich gekommen war, sprang er voll Freuden auf und erzählte allen Menschen, was ihm im Traum geschehen war und wie die heiligen Märtyrer ihn im Schlaf geheilt hatten. Als sie nun zu dem Grab des Mohren liefen, da fanden sie den Schenkel des Mohren abgeschnitten und den des Geheilten in sein Grab gelegt.
Ich gebe zu, dass die Legende politisch nicht ganz korrekt ist, weil sie von einem Mohren spricht. Aber sie stammt aus einer Zeit, wo man mit diesem Ausdruck einfach einen Menschen mit dunkler Hautfarbe meinte, historisch einen aus Mauretanien. Der entscheidende Grund, weshalb ich Kosmas und Damian gerne als Patrone der Transplantationsmedizin sähe, ist folgender: Die heiligen Ärzte verpflanzten das gesunde Bein eines wirklich Toten, der bereits auf dem Friedhof lag. Die heutige Transplantationsmedizin entnimmt die Organe Patienten, bei denen man nicht mehr sicher weiss, ob sie wirklich schon gestorben sind, damit die Organe möglichst frisch sind. Nach der Lehre der katholischen Kirche ist jedoch die Organverpflanzung nur sittlich erlaubt, wenn ein lebenswichtiges Organ einem wirklich Toten, ‘ex cadavere’, entnommen wird. Das war bei den heiligen Ärzten eindeutig der Fall. “Ihr heiligen Kosmas und Damian, bittet für uns!”