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Bistum Chur

«Maria im Himmel auf Erden». Impuls von Bischof Bonnemain zur Eröffnung des Cantars Kirchenklangfestes

Ansprache von Bischof Joseph Maria Bonnemain zum Motto „Maria im Himmel auf Erden“ am 17. April 2021 in Herrliberg

In der liturgischen Tradition beten wir für die Verstorbenen: «Sie mögen ruhen in Frieden!» Je länger je mehr habe ich mit diesem Ausdruck Mühe. Das Herz Gottes ist alles andere als ein langweiliges Ausruhen, das Jenseits ist vielmehr pure Dynamik, eine unendliche Symphonie, Lebendigkeit ohne Grenzen.

In diesem Sinne gefällt mir das Thema des heutigen Abends ganz besonders: «Maria im Himmel auf Erden». Genauso ist es doch, wenn wir die Menschwerdung Gottes ernst nehmen. Ich möchte es ganz pointiert ausdrücken: Gott ist so sehr Gott, dass er nicht anders konnte, als Mensch zu werden, um mit uns Menschen alles zu teilen. Gott ist nur Gott, wenn er – wie Johannes in seinem Brief schreibt – die Liebe ist. Die pure Liebe, welche keine Spur von Selbstzentriertheit kennt, neigt dazu, das Geschaffene grenzenlos zu lieben.

Maria war die beste Schülerin ihres Sohnes. Maria hat einerseits durch den Umgang mit ihrem Sohn den Himmel auf Erden erleben können. Sie hat von ihm Tag für Tag gelernt, wie man sich einsetzt, Himmel für die anderen zu sein. Von ihm sagten die Menschen: «Er hat alles gut gemacht». Oder: «kein Mensch hat so gesprochen, wie er.» Die Menschen fühlten sich von ihm angezogen. Er gab ihnen das lebendige Wasser zu trinken, das in ihnen zu einer Quelle wurde, deren Wasser ins ewige Leben fliesst. So hat er es im Gespräch mit der Frau am Jakobsbrunnen gesagt. Der Umgang mit Jesus ging nicht spurlos an Maria vorbei. Sie hat sich nach und nach diese Art ihres Sohnes angeeignet., Quelle des Lebens und der Freude der Menschen zu sein.

So frage ich jetzt: Hat Christus nach seiner Himmelfahrt mit uns abgeschlossen? Hat er aufgehört, der Gott zu sein, der Mensch geworden ist, um mit den Menschen zu sein? Das ist einfach nicht möglich. Und ist es denkbar, dass Maria aufgehört hätte, Sorge für uns Menschen zu tragen, nachdem sie in den Himmel aufgenommen wurde? Das ist auch nicht denkbar, meine ich. Denn: Alle, die in himmlischer Seligkeit angekommen sind, sind in Gottes Gegenwart viel mehr zuständig für die Erde als je zuvor.

Mutter Teresa von Kalkutta pflegte zu sagen: »Wenn ich einmal sterbe und in den Himmel gegangen bin, sucht mich nicht dort. An meinem Platz wird ein Plakat stehen, worauf steht: ‚Ich bin abwesend. Ich werde auf Erden sein, bei jenen, die im Dunkel sitzen‘.»

Das ist typisch für echte Heiligkeit. Es sind Herzen, die im Einklang mit dem Herzen Gottes schlagen. Im Himmel ist man nur, wenn man wirklich auf Erden bleibt und durch den Glauben sind wir auf Erden beinahe im Himmel. Das ist Maria damals gelungen und das gelingt ihr im Heute und Hier in vollkommener Weise