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Bistum Chur

Predigt zur Missiofeier vom 25. September 2021 in der Kirche Maria Krönung in Zürich-Witikon

Jetzt weiss ich gerade nicht, wie ich Euch ansprechen soll:
Liebe Theologinnen und Theologen?
Liebe Seelsorgerinnen und Seelsorger?
Liebe Kolleginnen und Kollegen?
Also: Liebe Schwestern und Brüder

Das ist für mich als Bischof die erste Missiofeier – und hoffentlich nicht die letzte – und damit Neuland für mich. Das fordert mich schon etwas heraus, denn ich frage mich: Was soll ich an einer solchen Missiofeier predigen?

Die Texte des heutigen Gottesdienstes sind, Gott sei Dank, sehr hilfreich. Das Wort Gottes inspiriert uns immer und ist die beste Grundlage für jede Predigt. Darum drei ganz persönliche Anliegen.

Mein erstes Anliegen formuliere ich sehr einfach: Für mich ist die Frage, wer in der Eucharistiefeier predigt zweitrangig. Viel wichtiger ist mir die Qualität der Predigt. Das Wort Gottes besitzt eine unglaubliche Kraft und Wirksamkeit. Sie ist Trägerin des göttlichen Feuers der Liebe.
Ich ermutige Euch, die Kraft des Wortes Gottes frisch, unverbraucht, direkt und dynamisch zu vermitteln – und immer mit einem Gegenwartsbezug. Was bewegt die Herzen der Menschen: Banalitäten? Politisierung oder Polarisierung? Abschnitte aus Büchern? Aus dem Internet heruntergeladene Predigten oder komplizierte Rhetorik? Da spüren wir sofort: Nein, das ist kraftlos, das gibt keine Seelennahrung.
Oft ist ein ganz persönliches Beispiel aus dem Alltag oder ein Glaubenszeugnis – was der Bibeltext mit mir macht – viel authentischer und überzeugender. So kommt die Predigt, die wirklich kurz sein darf, aus dem Herzen und aus dem eigenen gelebten Glauben

Mein zweites Anliegen: Am heutigen Hochfest des hl. Bruder Klaus wollen wir uns auf Frieden und Eintracht besinnen. Als Seelsorgerinnen und Seelsorger haben wir alle die Pflicht, Sauerteig, Katalysatoren, Promotoren und Initianten der Einheit zu sein. Und dies mitten in einer Zeit der Pluralität und Vielfalt! Möge Bruder Klaus uns allen die Gnade schenken, jeglichen Gegensatz, jegliche Konkurrenzierung oder Distanzierung zu überwinden. Es geht um eine geschwisterliche Kirche von Frauen und Männern, von Nichtgeweihten und Geweihten, von Ordensangehörigen und diözesan Wirkenden. Wir haben alle die gleiche Würde und nehmen eine gemeinsame Verantwortung wahr. Der uns am nächsten Stehende ist der Mensch, mit dem wir Mühe haben, in den Dialog zu treten, in Einklang zu kommen und. Es ist derjenige Mensch, bei dem ich mir Mühe geben muss, seine guten Seiten zu entdecken und ich bereit sein muss, von ihm zu lernen.

«Lasst uns also dem nachjagen, was dem Frieden dient in der gegenseitigen Auferbauung!» (Röm 14,19)
Machen wir uns daran, in den Pfarreien und in den verschiedenen Seelsorgestellen und -gebieten eine Kultur und eine Stimmung der Geschwisterlichkeit zu schaffen! Die Menschen in unserem Bistum erwarten und verdienen es, dass wir ein Beispiel an Eintracht geben, angefangen bei uns Seelsorgenden.

Ich brauche und wünsche von niemandem feierliche Versprechungen, mir reicht es, wenn jemand ehrlich sagt: «Ich bin bereit, niemals einen Menschen zu etikettieren oder zu schubladisieren». Von den ersten Christen sagte man: «Seht, wie sie einander lieben». Wie schön wäre es, wenn man das von uns auch sagen könnte!

Mein drittes Anliegen: Im täglichen pastoralen Ringen kann es manchmal auch mühsam und schwierig werden. Das kann entmutigen, ernüchtern oder leider gar verbittern. Viele unserer Träume und Visionen, wie die Kirche sein sollte, werden wahrscheinlich noch lange unerfüllt bleiben. Dennoch sollten wir unserer Freude Sorge tragen, es gibt schliesslich einen bleibenden Grund zur Zuversicht und zum Frohsinn: Wir sind erlöst! Von Gott geliebt! Immer! – Und dies können wir täglich, überall mit unserer Lebenshaltung und unserem Wirken verkünden und ausstrahlen.

Wir können die Menschen, so wie sie sind und dort, wo sie sind, erreichen und ihnen Hoffnung und Mut geben. Bleibt aber stets aufmerksam, denn es kann durchaus auch andersrum passieren: Sie schenken uns Hoffnung, Mut und Zuversicht. Jeden Tag können wir Gutes tun, das Versprechen des Herrn ist nicht hinfällig. Wir können schon im Hier und Heute das Hundertfache an Nähe und Geschwisterlichkeit, an Zärtlichkeit und Geborgenheit erleben.

Und zuletzt mit den Worten, die Mose anvertraut wurden, sage ich uns allen: «Seid heilig, denn ich, der Herr, euer Gott, bin heilig» (Num 19,2). Amen.