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Bistum Chur

Priesterweihe von Adrian Klima und Ernst Niederberger

 

 

 

 

 

 

 

 

Feierlich zogen die beiden Priesterkandidaten, Adrian Klima und Ernst Niederberger, in die prall gefüllte Kathedrale in Chur ein. Die Zweierreihe der mitfeiernden Ministranten, Vikare, Diakone, Kaplane, Priester, Domherren sowie aller drei Generalvikare des Bistums säumte den Mittelgang der Kathedrale zu Unserer Lieben Frau Weiss – vom Altar bis zum Portal.
Die Freude stand Bischof Joseph Maria buchstäblich ins Gesicht geschrieben. Er nutzte die Gelegenheit des vollen Hauses: „Lassen sie mich zu Ihnen sprechen, etwas länger als geplant.“ Seine Worte richteten sich nicht nur an die beiden Priesteramtskandidaten, sondern an das ganze Kirchenvolk:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Lieber Ernst, lieber Adrian
Liebe Mitbrüder
Liebe Schwestern und Brüder

Maria war erschrocken und überrascht als sie den Gruss, die Botschaft des Engels Gabriel wahrnahm. Sie hatte andere Lebenspläne. Sie hatte sich ihr Leben ganz anders vorgestellt. Deswegen fragte sie: «Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?» Sie war plötzlich mit etwas konfrontiert, das sie anfänglich überforderte, das zu gross für sie zu sein schien. Sie hatte bis anhin die Pläne einer gewöhnlichen, jungen Frau ihrer Zeit und plötzlich wurde von ihr etwas erwartet, das ihre Vorstellungen überstieg.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Berufung eines Priesters weist auch solche Merkmale auf. Ein Mann, der Priester wird, ist nicht unbedingt einer, der nie daran gedacht hätte, eine Ehe zu schliessen, eine Familie zu gründen und Kinder zu haben. Geeignet für das Priestertums des Dienstes sind insbesondere Männer, die solche Pläne geschmiedet haben; Männer, die die Reife, das Verantwortungsbewusstsein, die nötige, affektive Qualität, eine Beziehungsfähigkeit und die Grosszügigkeit aufweisen, welche für ein Leben als Ehemann und Familienvater erforderlich sind. Um zum Priester geweiht zu werden, ist eine starke, gefestigte Persönlichkeit erforderlich. In der Berufung der Muttergottes, wie auch in der Berufung des Heiligen Josefs und schliesslich in der Berufung aller Christen – Frauen und Männer, Ledige und Verheiratete, Betagte und Junge, Geweihte und Nichtgeweihte – sind immer zwei Seiten vorhanden. Unser Leben als Christen, mitten in der Welt, bleibt einerseits ein unauffälliges, gewöhnliches Leben. Ein Leben, in dem wir Freude und Hoffnung, Leiden und Bangen mit den anderen Menschen voll und ganz teilen. Andererseits sind wir dazu eingeladen, Sauerteig des Heils in der Welt zu sein, Salz und Licht der Erde. Alle sollten das Licht unserer Liebe und unserer Nähe, den köstlichen Geschmack unserer Zuneigung und unseres Verständnisses, die Stütze unserer Geschwisterlichkeit und unserer Zärtlichkeit erleben können; und zwar gratis, ohne eine Rechnung zu bekommen. Wie sehr sollte sich dies, liebe Adrian und Ernst, in eurem Leben als Priester bewahrheiten! Ich sage es unverblümt: das echte Zölibat sollte nicht bedeuten, allein zu sein, isoliert zu leben. Es sollte vielmehr bedeuten, durch und durch Familie, Nähe und Zärtlichkeit zu verkörpern, fruchtbar für die Welt zu sein.

 

 

 

 

 

 

 

 

Liebe Mitbrüder! Während unseres ganzen Lebens sind wir dazu berufen, zu bezeugen: «Deinen Willen zu tun, ist mein Gefallen». Das heisst nicht, dass wir nicht dunkle Momente erleben oder Zweifel haben werden; es heisst nicht, dass die Fragen: Lohnt es sich, so zu leben und ist es gut zölibatär und keusch zu leben, sich uns nicht stellen werden. Wir bleiben armselig und schwach, manchmal inkonsequent, wie alle anderen. Aber vergessen wir nie: Gottes Wille für uns Menschen ist das Heil, das Glück, die Fülle des Lebens. Unsere immer zu erneuernde Bereitschaft, die wir ausdrücken, in dem wir sagen: «Hier bin ich, ich bin bereit», bedeutet deswegen Lebenserfüllung bis zuletzt. Wir verpassen nichts, sondern können unser Leben und das Leben vieler anderer mit Sinn füllen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Es geht darum, Träger des Immanuels in der Welt zu sein. Ein Christ, eine Christin ist dazu berufen, glaubhaft sagen zu können: Gott ist mit uns, Gott ist für uns da, Gott lebt mit uns, Gott liebt uns. Er hat die Welt nicht im Stich gelassen. Er wird uns Menschen nie uns selbst überlassen. Ein Priester hat, mitten in der Welt, verbunden mit allen Menschen, die spezifische Sendung, Mittler der Gegenwart Gottes zu sein. Wir dürfen, wie Maria, ganz aus unserer Berufung und ganz für unsere Berufung leben. Der Dienst eines Priesters besteht darin, allen Menschen Gottes Nähe und Zuwendung zu schenken ohne im Laufe der Zeit diese Lebensaufgabe, die Wirkung des eigenen Lebens in Frage zu stellen, oder einen Preis für unseren Dienst geltend zu machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Liebe Schwestern und Brüder: Ich denke, diese Lebenseinstellung gilt für uns alle. Wir Priester – und auch Bischöfe – sollten unsere Berufung so leben, dass sich alle ermutigt fühlen, der eigenen, christlichen Berufung treu zu folgen. Jeder und jede von uns kommt mit einer Bestimmung und mit einer Berufung auf die Welt. Die Entdeckung dieser Bestimmung und Berufung ist es, die unser Leben vom reinen Überleben in ein erfülltes Leben verwandelt. Im Gegenteil, es kann vorkommen, dass gerade das Fehlen des Sinnes oder des Bewusstseins für die eigene Berufung unser Leben mit vielen Dingen füllt, die möglicherweise dazu dienen könnten, diese innere Leere zu füllen, die uns letztendlich nicht glücklich macht. So spielt es keine Rolle, welche Ausbildung oder welchen Beruf wir haben, wie die bevorzugte Fussballmannschaft heisst, welcher Partei wir angehören, ob wir lieber blau oder rot tragen, ob wir lieber Bier oder Wein trinken, ob wir lieber Skifahren oder Musik hören. All diese Dinge sind wie ein riesiger Umriss dessen, was das Zentrum unseres Lebens sein sollte: unsere Berufung. Die Evangelien berichten, wie Mariens Berufung ihre Mitte und die Fülle ihres Lebens war. Alles andere war in ihrem Leben zweitrangig. Marias Berufung ist es, die Mutter Jesu zu sein und Josef zu lieben. Ihre Berufung zur Familienmutter hat sich zu einer Mutterschaft aller Menschen ausgeweitet. Sie ist die in Christus Liebende aller Menschen geworden. Indem Maria sich an das Wesentliche klammert, kann sie erfüllt leben und alles ertragen. Das Geheimnis Mariens liegt in der Treue zu ihrer Berufung.

 

 

 

 

 

 

 

 

Maria überlegte, was der Gruss des Engels «zu bedeuten» hatte. Sie bewahrte und erwog während ihres ganzen Lebens die Geschehnisse, die Gott in ihrem Leben überraschend hervorrief, in ihrem Herzen. Es ist eine Haltung der Kontemplation, des Gebetes, der Innerlichkeit, des
Dialogs mit Gott. Diese nicht zu pflegen, wird früher oder später die Wirksamkeit und die Fruchtbarkeit unseres Dienstes beeinträchtigen.

Im Herrn Geliebte, Maria wurde im Laufe ihres Lebens immer wieder überrascht: Sie wurde von den Umständen der Geburt des Immanuels im armseligen Stall in Bethlehem überrascht. Sie wurde von der nächtlichen Flucht nach Ägypten überrascht. Sie wurde vom 12-jährigen Jesus, der allein im Tempel von Jerusalem zurückblieb, überrascht. Und sie wurde überrascht, als Jesus als Dreissigjähriger Nazareth verliess und begann öffentlich zu wirken. Die Kreuzigung ihres Sohnes war die abgrundbittere Überraschung in ihrem Leben so wie die Auferstehung des Herrn eine undenklich beglückende Überraschung für sie darstellte. Sie lebte stets in der Spannung zwischen Irdischem und Himmlischem, zwischen der Freude, Jesus als Sohn zu haben und dem Schmerz, diesen Sohn freizugeben. So wuchs ihre Liebe, indem sie entdeckte, dass die grösste Lebensfreude darin besteht, alles zu tun, damit das Leben der anderen gelingen kann. Lieber Adrian und lieber Ernst, lasst euch immer von Gott überraschen, lebt wie Maria hundertprozentig eure Berufung und lebt hundertprozentig aus eurer Berufung. So werdet ihr zu jenen Priestern, welche die Welt heute braucht. Amen.

 

Regens Daniel Krieg stellte beide Kandidaten persönlich vor:

 

 

 

 

 

 

 

 

Adrian Klima ist am 26. August 1968 in Oppeln (Polen) geboren. Dort besuchte er die Grundschule und erlernte anschliessend den Beruf als Elektriker. Nach Abschluss der Berufslehre holte er an der Abendschule die Matura nach. Durch die Teilnahme an verschiedenen Weltjugendtagen wuchs in ihm der Wunsch, sein Leben einzusetzen für die pastorale Arbeit in einer Pfarrei. Aus diesem Grund entschied er sich für das Theologiestudium an der Uni Bonn und an der Hochschule St. Augustin (Deutschland). Nach dem Theologiestudium war Adrian Klima Mitglied der Missionskongregation der Mariannhiller. Er durfte ein Jahr in Afrika verbringen, wo er den Missionsalltag aus der Nähe erleben konnte. Als Mitglied der Mariannhiller machte er in Altdorf Exerzitien gemacht. So entstand der Kontakt zum Bistum Chur. Im Mai 2018 absolvierte er ein vierwöchiges Praktikum. Danach war er ein Jahr als Praktikant und Katechet im Seelsorgeraum Berg in Wollerau tätig. Ab August 2019 arbeitete er als Pastoralassistent in der Herz Jesu Pfarrei in Goldau. 2020 erfolgte in Adliswil die Weihe zum Diakon. Den Pastoralkurs absolvierte Adrian Klima in den Jahren 2021/22 in der Pfarrei Unteriberg, in der er auch weiterhin tätig ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ernst Niederberger erblickte am 29. Dezember 1993 in Stans das Licht der Welt. In Buochs wuchs er auf dem elterlichen Bauernhof als ältester mit fünf Geschwistern auf. Die Schulen besuchte er ebenfalls in Buochs. Danach liess er sich zum Fachmann Betriebsunterhalt im Alters- und Pflegeheim Stans ausbilden. Den Zivildienst leistete er in einem Behindertenheim in Einsiedeln. Danach folgte die Berufsmatura in Sarnen. Ernst Niederberger wuchs in einer Familie auf, in der der Glaube wichtig war und ist. So spürte er zunehmend den Ruf Gottes zum Priester. Das Einführungsjahr absolvierte er in Heiligenkreuz. Danach begann er sein Theologiestudium an der Theologischen Hochschule Chur, das er 2021 mit dem Master abschloss. Das Pastoraljahr absolvierte er in den Jahren 2021/22 in Davos, wo er auch heute noch tätig ist.  Am 15. Oktober des vergangenen Jahres wurde er in seiner Heimatpfarrei Buochs zum Diakon geweiht.

 

 

 

 

 

 

 

 

Beide Kandidaten waren mit Familie, Freunden und Bekannten aus ihrer Heimat und ihren Wirkungsstätten angereist. Adrian Klima richtete einige Dankesworte in Polnisch an seine Festgemeinde. Die Verbundenheit zu seiner alten Heimat war ergreifend und berührte. An ihrem Freudentag vergasen die beiden Jungpriester die Schwächsten dennoch nicht. Die Kollekte spendeten sie Strassenkindern, denen dadurch eine Schulbildung ermöglicht werden kann. Mit 20 Franken kommt man in einem Entwicklungsland weit. Hätten die beiden Platzkarten verkauft, wäre eine stolze Summe zusammen gekommen. Selbst im Altarraum standen sich die Medienleute gegenseitig vor den Linsen. Aber wer bereits durch Roms Strassen kurvte, weiss, wie man durch das Gedränge kommt und dabei die Nerven nicht verliert. In diesem Sinn: Mit dem Segen der Jungpriester schloss die prachtvolle Priesterweihe.

 

 

 

 

 

 

Chur, 25. März 2023
Nicole Büchel
Kommunikationsverantwortliche Bistum Chur
Dirk Frischknecht
Fotograf Bistum Chur