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Bistum Chur

„Salbung bedeutet Sendung“ – Predigt von Bischof Joseph Maria Bonnemain in der Chrisammesse

Liebe Dekane, liebe Mitbrüder
Liebe Schwestern und Brüder

Wir sind heute hier versammelt, um gemeinsam in Vertretung des ganzen Bistums die Eucharistie zu feiern. Es hätte mich ausserordentlich gefreut, gerade am Beginn meines Dienstes, das gesamte Presbyterium hier in der Kathedrale zu haben. Dies als Zeichen und Ansporn für die Vielseitigkeit des Volkes Gottes unterwegs, in gegenseitiger Hochschätzung und Geschwisterlichkeit. Ich hoffe sehr, dass das dann in einem Jahr möglich sein kann. Versuchen wir, mit dieser Zuversicht alle Gläubigen und Menschen in unserer Diözese anzustecken. Dies haben sie in dieser schon lange beklemmenden Zeit der Pandemie sehr nötig. Erhoffen wir mit ihnen zusammen, dass wir wieder „normale Zeiten“ erleben dürfen, wo Nähe, Geselligkeit und Zärtlichkeit wieder möglich sein werden.

Jährlich werden in der Chrisammesse die Heiligen Öle für die sakramentalen Salbungen gesegnet bzw. geweiht. Dadurch werden die sakramentalen Handlungen wirksame Zeichen der unsichtbaren, zutiefst verwandelnden Einwirkung des Heiligen Geistes. Es sollte aber sein, dass dieses Wirken nicht lediglich punktuell stattfindet, sondern dauernd unser Leben als Gesalbte bestimmt.

Als die Augen aller Anwesenden in der Synagoge von Nazareth auf Jesus gerichtet bzw. fixiert waren, begann er seine Darlegung mit der Feststellung: Heute hat sich verwirklicht, was die Propheten vorausgesagt haben. In diesem Heute kondensiert sich, ist das zusammengefasst, was die christliche Existenz ausmacht. Im Heute verwirklicht sich und setzt sich fort, was die Salbung bewirkt.

Wir Christen sind alle Gesalbte. Die Getauften und Gefirmten zwei Mal, wir Priester und Bischöfe drei bzw. vier Mal. Die Kranken werden auch zusätzlich gesalbt, damit auch sie im Heute ihrer Krankheit und ihres Leidens weiterhin Gesandte des Evangeliums bleiben.

Und was sind wir Priester? Aufgrund unseres Dienst-Priestertums stehen wir im Dienst – sozusagen als Katalysatoren – damit alle Gesalbten kraft der erhaltenen Salbung, das fortdauernde Heute verwirklichen. Jede Christin, jeder Christ ist eine Botschaft für die Welt, stellt ein Evangelium der Hoffnung dar. Wir Christen dürfen alle im jeweiligen Heute immer wieder sagen:
„Der Geist GOTTES, des Herrn, ruht auf mir./ Denn der HERR hat mich gesalbt; er hat mich gesandt, um den Armen frohe Botschaft zu bringen, um die zu heilen, die gebrochenen Herzens sind, um den Gefangenen Freilassung auszurufen und den Gefesselten Befreiung, um ein Gnadenjahr des HERRN auszurufen, einen Tag der Vergeltung für unseren Gott, um alle Trauernden zu trösten, den Trauernden Zions Schmuck zu geben anstelle von Asche, Freudenöl statt Trauer, ein Gewand des Ruhms statt eines verzagten Geistes.“

Wie sehr darf uns unsere Aufgabe erfüllen, dieses Bewusstsein in unseren Pfarreien und Gemeinschaften in allen zu wecken und sie zu begleiten, sie dazu zu motivieren, ihre weltverwandelnde Lebenssendung aufgrund der erhaltenen Salbung wahrzunehmen.

Ein solches Volk Gottes wird seinerseits uns Priester ermutigen, auch jeweils im Heute erneut ja zu sagen als Diener der allgemeinen Sendung aller Gesalbten. Amen.

Fotos: Hugo Hafner