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Bistum Chur

Homilie von Bischof Vitus Huonder in der Chrisammesse, Hoher Donnerstag 2019

Liebe Mitbrüder und Priester

Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt (Lk 4,18). Wir stehen, innerhalb des Evangeliums nach Lukas, am Anfang des öffentlichen Wirkens unseres Herrn. Jesus stellt sich seiner Zuhörerschaft vor: Er ist der Gesalbte Gottes und sein Gesandter. Er bezieht sich mit seinen Worten auf den Propheten Isaias (61,1). In seiner Person erfüllt sich eine Botschaft des Propheten. Es erfüllt sich eine Verheißung. Dieser Rückbezug auf Isaias gibt jenen Sicherheit und Gewissheit, welche das Heil erwarten, den Herrn sehen und sich seine Rede anhören. Zunächst sind das die Leute in der Synagoge, dann aber sind es auch wir, die wir heute dem Herrn im Wort des Evangeliums begegnen.

Die Salbung deutet hin auf das Wirken des Geistes Gottes. Gesalbt sein heißt, vom Geist Gottes erfüllt sein. Die Salbung  befähigt zur göttlichen Sendung. Alles, was Jesus tut und lehrt, ist das Werk des Geistes Gottes. Jesus wirkt und lehrt erfüllt vom Heiligen Geist, sagt uns der Evangelist einige Zeilen vorher (Lk 4,1). So ist denn auch seine erste Handlung im Rahmen des Lukasevangeliums die Befreiung eines Menschen von einem Dämon. Lukas präzisiert: die Befreiung von einem unreinen Geist (Lk 4,33). Dem Geist Gottes, dem Heiligen Geist, steht der unreine Geist gegenüber. Auf diese Weise wird uns klar, worin die Sendung Jesus letztendlich besteht: Die Menschen aus den Fangarmen des bösen Geistes zu befreien. Der Preis dafür ist sein Leiden und Sterben.

Jesus gibt seine Sendung den Aposteln weiter: Dann rief er die Zwölf zu sich und gab ihnen Kraft und Vollmacht über alle Dämonen und um Krankheiten zu heilen, lesen wir im neunten Kapitel desselben Evangeliums (Lk 9,1). Und von den anderen Jüngern, von den Zweiundsiebzig, berichtet der Evangelist: Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und sagten voller Freude: Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan (Lk 10,17). Schließlich versichert der Herr seinem Stellvertreter, dem Apostel Petrus: Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du wieder umgekehrt bist, dann stärke deine Brüder! (Lk 22,31).

Beachten wir diese Stelle sorgfältig! Wir befinden uns im Abendmahlssaal, nach der Einsetzung des allerheiligsten Sakramentes, kurz vor dem Gang nach Getsemani. Jesus weist unmittelbar vor seinem Leiden auf die größte Gefahr hin, welche den Aposteln droht, nämlich vom Satan wie Weizen ausgesiebt zu werden. Satan will die Apostel einer harten Prüfung unterwerfen. Diese harte Prüfung ist wohl eine Prüfung des Glaubens. Diese harte Prüfung ist eine Prüfung der Treue, der Treue gegenüber dem Herrn. Der Herr kann diese Prüfung nicht verhindern. Denn der Mensch muss sich entscheiden. Auch die Apostel müssen sich entscheiden. Was der Herr hingegen tun kann und tun wird, ist zu beten. Jesus antwortet auf diese größte Gefahr mit dem Hinweis auf sein Gebet für Simon. Das bedeutet aber auch auf sein Gebet für die Kirche, insbesondere für jene – Jesus spricht ja von euch: dass er euch wie Weizen sieben darf – für jene, die als seine Gesalbten und Gesandten sein Werk fortsetzen sollen. Hier finden wir denn auch im Rahmen des Lukasevangeliums die Einsetzung von Simon in sein Amt. Es ist ein Amt, das zutiefst mit dem Glauben zusammen hängt und das durch eben diesen Glauben einen Wall bildet gegen den Satan: Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt (Lk 22,31). Nach diesem Gespräch mit Simon gibt Jesus allen Aposteln nochmals eine Anweisung für ihr Verhalten in der bevorstehenden Not seines Leidens und Sterbens. Dann begibt er sich nach Getsemani.

Was möchte ich Euch, liebe Mitbrüder, mit diesem kurzen Gang durch das Lukasevangelium sagen und auf Euren weiteren Weg als Priester mitgeben? Zunächst möchte ich Euch darin bestärken, bewusst zu bleiben, dass Ihr in der Nachfolge Jesu als Priester des Herrn Gesalbte und Gesandte Gottes seid: Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt (Lk 4,18). Bleibt euch dessen bewusst als jene, welche Ihr das Sakrament der Weihe empfangen habt. Denn es ist das Sakrament, in persona Christi capitis zu wirken. Das ist nicht Eure Wahl oder Eure Einbildung, das ist Euer Auftrag. Nicht Ihr habt es euch zu eigen gemacht, der Herr hat Euch dazu durch den Bischof berufen und gesandt. Das kann euch niemand streitig machen. Denn es ist die Angelegenheit des Herrn. Weil es aber Auftrag ist, soll es Euch auch demütig machen, nicht überheblich!

Ein Zweites: Als Gesalbte und Gesandte Gottes im Auftrag des Herrn steht Ihr wie Euer Meister immer dem unreinen Geist gegenüber, dem Geist des Verderbens und Zerstörung. Es ist ein Kampf mit dem bösen Geist. Aber Ihr steht diesem Geist in der Macht und Vollmacht (Lk 4,32.36) dessen gegenüber, der Euch berufen hat, an seiner Seite zu stehen und an seinem Auftrag für das Heil der Menschen eigens mitzuwirken. Ihr seid nicht allein.

Ein Drittes: Erinnert euch immer wieder an die Worte des Herrn: Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt (Lk 22,31). Ihr werdet vom bösen Geist immer wieder auf Euren Glauben und auf Eure Treue hin geprüft. Seid euch dessen bewusst. Ich meine, dies ist der Sinn des Wortes unseres Landespatrons, wenn er sagt: Mancher Mensch ist zweifelhaft in seinem Glauben, und der Teufel tut manchen Angriff im Glauben und allermeist durch den Glauben (Bruder Klaus, An die Ratsherren von Bern). Wie der Herr für den Glauben von Simon gebetet hat, so wird er auch für Euch beten. Dies ist denn auch meine letzte Bitte für meine Priester, die ich an den Herrn richte, dass er für sie bete und sie nicht durchs Sieb der Prüfung fallen lässt: Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt (Lk 22,31).

Meine lieben Mitbrüder und Priester, möge Euer Glaube nicht erlöschen. Amen.