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Bistum Chur

Homilie von Bischof Vitus in der Heiligen Nacht von Weihnachten

Brüder und Schwestern im Herrn

Was ist das Besondere dieser Nacht? Das Evangelium sagt es uns in aller Deutlichkeit: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr (Lk 2,11). Retter – Christus – Herr! Das sind die drei Begriffe, die uns die Bedeutung dieser Nacht, der Geburt des Kindes dieser Nacht, anzeigen. Das sind die drei Begriffe, die uns sagen, wer uns in dieser Nacht geschenkt ist. Das sind die drei Begriffe, die uns die Person von Jesus erschließen.
Jesus ist der Retter. Was heißt das, Retter? Er selber sagt, er sei gekommen um zu suchen und zu retten, was verloren ist (Lk 19,10). Verloren ist der Mensch im Hinblick auf Gott. Verloren ist der Mensch im Hinblick auf seine ewige Bestimmung. Verloren ist der Mensch wegen der Sünde, die ihn von Gott trennt. Jesus führt den Menschen zu dem zurück, wozu er erschaffen ist, zum Leben in Gottes Gegenwart, zum Leben in Heiligkeit. Er führt den Menschen ins Paradies zurück. Wir erinnern uns an seine Worte, die er an den reuigen Verbrecher richtete: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein(Lk 23,42). Der Retter führt uns zum ewigen, beglückenden Ziel.
Jesus ist der Christus. Das ist der griechische Ausdruck für das Hebräische Messias. Jesus ist der Messias, der Gesalbte, eine Bezeichnung für den König. Er ist der Gesalbte Gottes, der das Volke Gottes führt und leitet. Er ist der König der Entzeit, den das jüdische Volk erwartete. Indem der Engel Jesus als Messias bezeichnet, macht er die Hirten darauf aufmerksam, dass die Geschichte des Volkes Israel insofern zu Ende geht, als der verheißene und erwartete Retter-König nun anwesend ist. Gott hat das Versprechen, welches er dem Volk Israel gegeben hatte, eingelöst. Es beginnt eine neue Zeit. Es beginnt die Zeit des Messias. Wir alle leben in der Zeit des Messias.
Jesus ist der Herr. Dies ist der Titel für einen Herrscher. Dies ist vor allem der Titel für Gott. Jesus wird den Hirten als Gott vorgestellt. Sohn Gottes nannte ihn ja der Engel Gabriel bei der Ankündigung der Geburt (Lk 1,35). Die Stimme aus dem Himmel, die Stimme des Vaters, spricht Jesus bei der Taufe im Jordan mit den Worten an: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden (Lk 3,22). Jesus ist der Sohn Gottes, der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht (Joh 1,18). Es ist für uns lebenswichtig, das zu wissen. Denn dann wird uns klar, warum wir nur in ihm das Heil erlangen, dass nur von Jesus die Wahrheit ausgehen kann, die uns rettet, die Wahrheit, die uns befreit (vgl. Joh 8,32).
Der Engel sagt den Hirten: Ich verkünde euch eine große Freude (Lk 2,10). Dass der Retter gekommen ist, dass der Messias gekommen ist, dass der Herr – Gott – Gottes Sohn gekommen ist, das muss Freude auslösen – bei den Hirten, ebenso bei uns. Denn was könnte uns fehlen, wenn Gottes Sohn mit uns den Weg des Lebens geht und uns einst in die ewige Herrlichkeit, ins Paradies führt. Der heilige Bernhard von Clairvaux (+ 1153) sagt mit Recht: Wo könnte es dir wohl sein ohne ihn, und wo könnte es dir schlecht ergehen mit ihm? (Sermo I 6 [in adventu Domini]).
Ich verkünde euch eine große Freude (Lk 2,10). Nehmt diese Freude mit in Euer Leben, diese Freude über Jesus, den Retter, den Messias, den Herrn, den Sohn Gottes, und hört auf das, was er euch sagt, ja tut das, was er euch sagt (vgl. Joh 2,5). Ich bin überzeugt, dass Ihr dabei glücklich werdet. Amen.