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Bistum Chur

Predigt von Bischof Vitus anlässlich des Choralamtes in St. Peter und Paul in Zürich am 15. Dezember 2018

Brüder und Schwestern im Herrn,

der dritte Adventssonntag ist der Sonntag ausgesprochener Freude. Zur Freude ruft uns der Eingangsvers auf. Zur Freude ruft uns die Lesung aus dem Brief an die Philipper auf. Zur Freude ruft uns auch die liturgische Farbe auf, die Rosafarbe.
        In diesem Sinn ist der dritte Adventssonntag bereits die Ouvertüre zu Weihnachten, insbesondere zur Botschaft des Engels: Ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr (Lk 2,10-11). Eine Ouvertüre nimmt ja bereits wichtige Themen der Oper auf, und wir werden darin mit Melodien vertraut gemacht, die im Hauptwerk voll ausgeführt werden. Ein solches wichtiges Thema von Weihnachten ist die Freude. Diese Freude klingt bereits am dritten Adventssonntag an.
        Der Brief an die Philipper fasst das Thema der Freude kurz zusammen und begründet es: Der Herr ist nahe (4,5). Auf diese Weise wird für die Gläubigen von Philippi deutlich, worin die Freude besteht. Es ist die Freude am Herrn, und dass der Herr bald komm­t. Die Gegenwart des Herrn ist der Inhalt der Freude.
        Die Worte des Briefes an die Philipper gelten auch für uns heute. Die Freude für uns besteht darin, dass Weihnachten nicht vor uns liegt, sondern hinter uns. Denn wir beziehen die Botschaft des Engels auf eine Wirklichkeit, welche wir nicht mehr erwarten, sondern welche wir im Gedenken feiern. Wir schauen zurück auf zweitausend Jahre Weihnachtsbotschaft. Das bedeutet: Wir schauen zurück auf zweitausend Jahre Nähe des Herrn, auf die besondere Nähe des Herrn als Mensch. Der Herr hat uns durch seine Mensch­werdung schon zweitausend Jahre als Retter begleitet. Deshalb die Aufforderung des Briefes an die Philipper: Freut euch im Herrn zu jeder Zeit. Das heißt so viel wie: Lebt aus der Freude, dass der Herr uns aufgesucht hat. Lebt aus der Freude, dass der Herr bei uns ist.
        Ich möch­te dem hinzufügen: Freut euch im Herrn zu jeder Zeit, weil der Herr uns eigens im Sakrament des Altares nahe ist. Das ist deshalb möglich, weil der Herr Mensch geworden ist. Denn die heilige Eucharistie ist eine andauernde Inkarnation des Herrn. Wir sind uns zu wenig bewusst, dass die Eucharistie ein ständiges Weihnachten ist. Deshalb sollen wir uns ganz besonders im Angesicht der Eucharistie, des heiligen Messopfers freuen: Denn der Herr ist nahe. 
        Doch kehren wir zurück zum Grund der Freude, zu wel-cher der heilige Paulus auffordert. Er betont die Freude und die Nähe des Herrn, weil er an die Wiederkunft des Herrn glaubt. Der Menschensohn wird wiederkommen. In diesem Sinn ist er nahe. Darüber müssen wir uns freuen. Diese Freude ist auch Vorfreude auf das Hauptwerk, welches wir Wiederkunft des Herrn nennen. Dieses Hauptwerk ist sozusagen das Pendent zum Hauptwerk von Weihnachten.
        Er wird wiederkommen, um Gericht zu halten und die Schei­dung zwischen gut und böse vorzunehmen. Er wird wiederkommen, um das Werk der Erlösung zu vollenden und um uns in eine neue Welt zu führen, wie sie uns der heilige Johannes in seiner Offenbarung vorstellt: Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen … Da hörte ich eine laute Stimme vom Thron her rufen: Seht, die Wohnung Gottes unter den Menschen! Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein; und er, Gott wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen (Offb 21,1-4). Amen.