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Bistum Chur

Ehe

Die Ehe ist ein Sakrament

Jeder Mensch hat einen Vater und eine Mutter. Jeder Mensch verdankt sein Leben der Begegnung von einem Mann und einer Frau. Seit es Menschen gibt, ist es so: Der Mann verlässt Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch. (Vgl. Gen 2,24) Sie bekommen Kinder und ziehen sie auf. Weil für die Völker die Weitergabe des Lebens wichtig ist, geschieht dies alles in einer bestimmten Ordnung.

Die Liebe zwischen Mann und Frau hat ihren tiefsten Grund nicht in bloss menschlichen Empfindungen und Gefühlen, in Bedürfnissen und Erwartungen, sondern im Willen Gottes. Er erschafft den Menschen als Mann und Frau, damit sie eine innige Lebens- und Liebesgemeinschaft bilden. Er segnet sie als Paar, nicht mehr als einzelne, und gibt ihnen den Auftrag, ihre Liebe fruchtbar werden zu lassen. (Vgl. Gen l,26ff.)

Die Liebe

Wer einen Menschen liebt, sagt zu ihm: Wie gut, dass es dich gibt. Wenn Gott nach der Erschaffung des Menschen als Mann und Frau feststellt: Es ist sehr gut (vgl. Gen 1.31), dann dürfen wir sagen: Gott hat den Menschen aus Liebe erschaffen und zur Liebe berufen. Ja, das erste Kapitel der Bibel sagt noch mehr: Der Mensch ist als Mann und Frau Abbild Gottes (Gen 1,26). Gott ist in seinem innersten Geheimnis nicht Einsamkeit, sondern Beziehung, Begegnung und Gemeinschaft. In der Liebe von Mann und Frau und Kind spiegelt sich die Liebe von Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Der Mensch ist Gottes Bild, insofern er lieben kann. Er wird Gott ähnlich, indem er ein Liebender wird. Daraus ergibt sich alles Weitere:

  • Weil Gott sich in der Liebe ganz und vorbehaltlos schenkt, soll auch die Liebe der Ehepartner ganz und ohne Vorbehalt sein.
  • Weil Gottes Liebe unwiderruflich ist, sollen auch Mann und Frau sich in treuer Liebe zugetan bleiben.
  • Weil Gottes Liebe sich schöpferisch verströmt, soll auch die eheliche Liebe sich schöpferisch verschenken.

Was sich bereits im ersten Kapitel der Bibel zeigt, verdeutlicht sich in den späteren. Gott vergleicht seine Beziehung zum Volk Israel mit der Begegnung von Mann und Frau. Wie ein leidenschaftlich treuer Liebhaber wirbt er um die Gunst und Treue seines Volkes. Und umgekehrt spiegelt der Bund der Ehe den Bund Gottes mit seinem Volk.

Was Neue Testament entfaltet diesen Gedanken weiter: Jesus liebt die Kirche wie der Bräutigam die Braut. Ein für allemal hat Jesus aus Liebe für uns sein Leben hingegeben. Ein für allemal geben sich die Eheleute das Ja-Wort, wenn sie – wie Paulus sagt – „im Herrn“ heiraten (vgl. Hebr 9,11-12; 1 Kor 7,39).

Das Sakrament

So ist die christliche Ehe etwas ganz Grosses. In der gegenseitigen Liebe von Mann und Frau soll für die Menschen etwas erfahrbar werden von der Liebe Gottes zu den Menschen, von der Liebe von Jesus Christus zu seiner Kirche. Weil dem christlichen Brautpaar Christus als Bräutigam seiner Braut, der Kirche begegnet, ist für uns die Ehe ein Sakrament, d.h. ein Zeichen, das bewirkt, was es bedeutet. So steht die Ehe unter dem besonderen Segen Gottes (Gen 1,28). Gott selber steht fest zur Entscheidung der Eheleute und heisst sie ausdrücklich gut. Er wird auch dann noch zu dieser Entscheidung stehen, wenn es den Eheleuten selber einmal schwerfallen sollte. Er will ihnen helfen, ihre Entscheidung in aller Angefochtenheit durchzutragen.

Wie können wir das Sakrament der Ehe im Alltag leben?

Die christliche Ehe ist sehr anspruchsvoll. Sie verlangt ein hohes Mass an Selbstüberwindung, Vergebungsbereitschaft und Opfer. Sie wird umso eher gelingen, als die Eheleute mit Gott in Verbindung bleiben. Es ist beim Ehesakrament wie beim Sakrament der Taufe: Man muss es täglich neu verwirklichen. Auch eine Ehe, die keine Bilderbuchehe zu sein vermag; auch eine Treue, die unter schwierigen Umständen durchgehalten wird, ist und bleibt ein echtes Zeugnis des Glaubens. Es gilt auch ihr die Verheissung: „Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen“ (2 Tim 2,13).

Was kann vor allem zum Gelingen einer christlichen Ehe beitragen? Es ist der Dialog, das Gespräch. An erster Stelle möchte ich das wenn möglich gemeinsame Gespräch mit Gott, das Gebet nennen. Es ist erwiesen, dass Ehen, in denen gebetet wird, stabiler und oft auch glücklicher sind. Ebenso wichtig ist das Gespräch zwischen den Eheleuten. Es ist ganz wichtig, den Gesprächsfaden nicht abreissen zu lassen oder ihn immer wieder neu zu knüpfen. Selbstverständlich gehört zum Gespräch nicht nur das Reden, sondern auch das Zuhören. Der liebe Gott hat uns zwei Ohren und einen Mund gegeben, damit wir eher hören als reden. Nach meiner Erfahrung scheitern viele Ehen, weil die Partner sich gegenseitig überfordern. Wenn ich von meinem Partner die Erfüllung meiner ganzen Sehnsucht nach Glück erwarte, dann ist die Enttäuschung vorprogrammiert. Alle Menschen sind sehr begrenzt. Meine Sehnsucht, die auf eine unendliche Erfüllung ausgerichtet ist, kann nur Gott stillen. Wo jedoch die Beziehung zu Gott nicht gelebt wird, neigen die Menschen sich gegenseitig zu überfordern. Unsere Ganzhingabe im absoluten Sinn verdient nur Gott, der sich in Jesus Christus ganz für uns am Kreuz hingegeben hat. Seine Liebe dürfen die Eheleute ein wenig erfahren und erfahrbar machen. Sie sind deshalb in besonderer Weise eingeladen, aus der Feier der heiligen Messe immer neu Kraft zu schöpfen, um das Sakrament der Ehe im Alltag zu leben.